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Resilient zu sein ist keine Glückssache, sondern erlernbar (Foto: Lisa5201/iStockphoto.com)
Resilient zu sein ist keine Glückssache, sondern erlernbar (Foto: Lisa5201/iStockphoto.com)

Resilienz: Ein Schutzschild für Kinder

Die Deutschschularbeiten werden zurückgegeben. Thimo hat eine Zwei, sein Sitznachbar Moritz eine Eins. Thimo ist enttäuscht, er war sich sicher, dass er auch eine Eins bekommt. Bildergeschichten kann er besonders gut und Fehler hat er nur wenige gehabt. Also geht er zur Lehrerin und fragt nach, warum er – im Vergleich zu Moritz – weniger gut gewesen sei. Die Deutschlehrerin meint, dass Moritz besonders viele gute Ausdrücke verwendet habe, ihr aber Thimos Geschichte auch gut gefallen hat. Der Zehnjährige ist immer noch enttäuscht. Als er mittags heimkommt, teilt er seiner Mutter dennoch mit, dass er in Zukunft häufiger lesen will, damit er auch mehr gute Ausdrücke kennenlernt.

Thimos Reaktion zeigt, dass er etwas ganz Wichtiges für sein Leben schon gelernt hat – Resilienz. Er kann also mit Misserfolgen und Fehlschlägen umgehen, ohne dass er stark emotional belastet ist. Und er agiert lösungsorientiert. Dank dieser psychischen Widerstandskraft wird er auch in Zukunft schwierige Situationen gut meistern können. Sylvia Hintersteiner ist Kinder-, Jugend- und Familienpsychologin in Niederösterreich und weiß, wie wertvoll diese Eigenschaft ist: „Resiliente Menschen können besser mit Rückschlägen umgehen und haben auch die Fähigkeit, aus schwierigen Situationen gestärkt hervorzugehen.“

Unterstützung von Anfang an

Resilient zu sein ist aber keine Glückssache, sondern erlernbar – und zwar am besten im Kindesalter mit Hilfe der Eltern und dem sozialen Umfeld. „Resilienz entwickelt sich aus den Erfahrungen, die ein Kind macht. Eltern, die einem Kind einen adäquaten Handlungsspielraum lassen, der dem Alter des Kindes angepasst ist, und in dem es eigene Erfahrungen machen kann, vermitteln ihrem Kind: Ich glaube an dich, du kannst Dinge selbst. Das Kind lernt: Ich kann das, ich schaffe das. Es verinnerlicht also, dass es selbstwirksam ist und traut sich in Zukunft mehr zu“, erklärt die Psychologin. Das fängt schon sehr früh, also im Babyalter, an. „Wenn ein Baby schreit und Mutter bzw. Vater prompt reagieren, lernt es: Wenn ich so und so schreie, dann kommt jemand und befriedigt mein momentanes Bedürfnis. Und: Ich bin in der Lage, für die Befriedigung meiner Bedürfnisse zu sorgen.“

Später ist es wichtig, dass Eltern, aber auch Großeltern, dem Sprössling etwas zutrauen. Im Kleinkindalter sind mögliche Situationen, in denen Kinder Resilienz lernen können, etwa das selbstständige Ankleiden oder das Bauen eines Turms aus Bauklötzen. „Gelingt es aus eigener Kraft, macht das Kind die Erfahrung von Kompetenz und strotz vor Stolz, besonders, weil es das davor lange Zeit üben musste und auch Fehlschläge hinnehmen musste“, beschreibt Hintersteiner den wichtigen Prozess. Ihr Tipp an Eltern: „Neh- men Sie sich die Zeit, es dabei zu begleiten und notfalls zu unterstützen, wenn Sie merken, es kommt zu Überforderung“. Der Personenkreis an Bezugspersonen erweitert sich mit zunehmendem Alter des Kindes. Neben Eltern und Großeltern sind etwa Kindergartenpädagogen oder Lehrer enorm wichtig. Auch diese können die Resilienz des Kindes stärken.

Anleiten aber nicht abnehmen

Um sich diese so wichtige psychische Stärke bzw. Widerstandskraft anzueignen, müssen Kinder auch lernen, Probleme selbst zu lösen. „Unterstützen Sie Ihr Kind dabei, leiten Sie es an, sofern möglich, Dinge selbst zu regeln und stehen Sie tröstend zur Seite, wenn etwas nicht gelingt“, ermuntert die Expertin alle Eltern. Positiv sind Reaktionen wie: „Es tut mir so leid, dass du jetzt traurig bist, weil dir das nicht gelungen ist. Das kann ich gut verstehen.“ Aber auch das Anbieten von Hilfe beim Lösungsfinden ist gefragt. Die Psychologin empfiehlt Formulierungen wie: „Wenn du magst, wollen wir vielleicht gemeinsam schauen, wie du das hinkriegen kannst?“

Schatzkiste fürs Leben

Erlernt ein Kind Resilienz, ist es bestens gerüstet für sein Leben, gehen doch damit viele positive Gefühle und Fähigkeiten einher: In der Regel glauben resiliente Kinder an sich und ihre Fähigkeiten, wollen Herausforderungen eigenständig bewältigen, können aber auch erkennen, wenn sie Hilfe brauchen und scheuen sich nicht, danach zu fragen. Sie können Strategien entwickeln, um Probleme eigenständig zu lösen, und beweisen dabei Ausdauer. Zudem können sie negative Situationen, die sie nicht beeinflussen können, akzeptieren und sehen sich selbst nicht als Opfer.

Problem: Helikoptereltern

Sowie das Verhalten der Bezugsperson das Erlernen fördern kann, ist es ebenso möglich, dieses zu verhindern. „Überbehütete Kinder, die selten etwas selbst tun oder erledigen dürfen, bei denen also immer die Eltern alle Schwierigkeiten aus dem Weg räumen, haben kaum Möglichkeiten, zu erfahren, dass sie
selbst auch Kompetenzen haben, auf die sie stolz sein können. Die Eltern vermitteln in dem Fall: Du kannst das nicht, ich regle das für dich“, erklärt Sylvia Hintersteiner. Dabei lernt der Mensch – auch in jungen Jahren – gerade durch Scheitern und die Reflektion darüber, es beim nächsten Mal besser zu machen. Denn aus einem „du kannst das nicht“, welches das Verhalten von Helikoptereltern (d. h. überbehütenden Eltern) suggeriert, wird oft ein „Ich kann das nicht“ – das Kind übernimmt also die Haltung bzw. Einschätzung der Eltern.

Wenn man bis zum Erwachsenenalter nicht zumindest ein wenig Resilienz gelernt hat, kann das negative Auswirkungen haben, weiß die Psychologin. „Es kann passieren, dass sich solche Menschen ihrer Umwelt und den auf sie einprasselnden Situationen und Anforderungen nicht gewachsen, sondern ihnen ausgeliefert fühlen. Es kommt zu einer Überforderung, weil sie nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen. Nicht zuletzt sind sie dadurch in hohem Maße von ihrer Umgebung und anderen, sie schützenden Personen bei der psychischen Verarbeitung und emotionalen Stabilität abhängig.“

Tipps der Expertin

  • Bestärken Sie Ihr Kind, wenn es etwas selbst machen möchte, z. B. beim Kochen helfen. Nehmen Sie sich die Zeit.
  • Vermeiden Sie, Dinge, die das Kind schon tun könnte, für es zu erledigen.
  • Bagatellisieren Sie die Probleme und Schwierigkeiten des kindlichen Lebens nicht. Ein Streit mit der Freundin ist für das Kind tatsächlich tragisch, auch wenn wir als Erwachsene wissen, dass morgen wieder alles gut ist.
  • Glauben Sie selbst daran, dass wir in einer grundsätzlich guten Welt leben.
  • Teilen Sie die Begeisterung Ihres Kindes (z. B. für Fußball), seien Sie oft mit dabei und zeigen so Ihrem Kind, dass es selbst und seine Interessen wichtig sind. Ehrliche und gelebte Anteilnahme ist auch in schönen Zeiten wichtig.
  • Verbessern Sie das Kind nicht permanent in seinem Tun, sondern bestärken Sie das, was es schon gut kann. Seien Sie Ihrem Kind gegenüber nicht besserwisserisch.

Sylvia Hintersteiner, Kinder-, Jugend- und Familienpsychologin www.begleitet.at

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