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Sowohl bei Jugendlichen als auch bei Erwachsenen konnte durch regelmäßiges Tanzen eine Stärkung des Selbstbildes, des Selbstwertgefühls und des Selbstvertrauens nachgewiesen werden (Foto: Andrea Piacquadio/pexels.com)
Sowohl bei Jugendlichen als auch bei Erwachsenen konnte durch regelmäßiges Tanzen eine Stärkung des Selbstbildes, des Selbstwertgefühls und des Selbstvertrauens nachgewiesen werden (Foto: Andrea Piacquadio/pexels.com)

Tanzen hält fit und clever

Vor allem bei Frauen ist Tanzen in unseren Breiten eine beliebte Bewegungsform, während sich die dazugehörigen Herren häufig als Tanzmuffel erweisen. Auf dem südamerikanischen Kontinent hingegen gilt es gesellschaftlich als ziemlich uncool, wenn Mann nicht tanzt. Ob sich jemand gerne zu Musik bewegt, hängt eben auch mit der kulturellen Prägung zusammen. Viele Menschen, insbesondere in nördlichen Ländern wie Dänemark, Deutschland oder England, tanzen sehr wenig, weil sie meinen, es nicht zu können. Diese Angst ist allerdings unbegründet. Die Fähigkeit, einem Rhythmus zu folgen, ist uns laut wissenschaftlichen Erkenntnissen in die Wiege gelegt: So reagiert schon das Gehirn von Neugeborenen darauf, wenn der regelmäßige Takt eines Musikstücks plötzlich unterbrochen wird, wie eine Studie von Amsterdamer Wissenschaftern zeigen konnte. Wenige Stunden alte Babys haben also bereits ein Rhythmusgefühl. Tatsächlich kann jeder Mensch, der die Frage „Mögen Sie Musik?“ mit „Ja“ beantwortet, auch tanzen. Und das sind die allermeisten. Lediglich etwa eineinhalb Prozent der Bevölkerung empfindet Musik als störendes, zufälliges Gedudel, das sie nicht von sich aus anhören würde.

Was im Gehirn passiert

„Tanzen vereint Bewegung, Berührung und Musik und trainiert das Gehirn wie kaum eine andere Freizeitbeschäftigung“, weiß die Neurowissenschafterin und Psychologin Dr. Julia F. Christensen aus ihrer Erfahrung als Tänzerin und Forscherin. Die gebürtige Dänin hat gemeinsam mit Dr. Dong-Seon Chang, ebenfalls Neurowissenschafter und begeisterter Tänzer, den Bestseller „Tanzen ist die beste Medizin“ geschrieben, in dem sie ihre theoretischen und praktischen Erkenntnisse auf unterhaltsame Weise mir ihrer Leserschaft teilt. „Dass Bewegung wichtig ist, wissen wir schon lange, aber auch die Berührung spielt eine ganz wichtige Rolle, denn durch sie werden intensive Immunsystem-Effekte erzielt“, sagt Dr. Christensen.

Auch Musik ist in der Lage, unseren Immunhaushalt zu stabilisieren. Der Rhythmus der Musik aktiviert Hirnregionen, die auch für das Verarbeiten von Sprache zuständig sind. Außerdem schüttet der Körper beim Tanzen die Glückshormone Dopamin und Endorphin aus. Die Vielzahl der Reize bewirkt, dass das Gehirn auf ganz verschiedenen Ebenen stimuliert wird. Die komplizierten Drehungen und Schritte beim Tanzen können sogar dazu führen, dass das Volumen des Gehirns in einigen Bereichen zunimmt und zusätzliche neuronale Verbindungen entstehen.

Forscher in den USA fanden heraus, dass Jugendliche, die viel tanzen, mit mathematischen Aufgaben besser zurechtkommen und ein gutes räumliches Verständnis entwickeln. Wissenschafter der Uni Bochum entdeckten darüber hinaus, dass Tänzerinnen und Tänzer nicht nur glücklicher als nichttanzende Menschen sind, sondern auch reaktionsschneller und beweglicher. Zudem können sie sich besser konzentrieren. Viele Gründe also, um möglichst früh mit dem Tanzen anzufangen bzw. es schon bei Kindern zu fördern.

Heilende Kräfte

Dass Tanzen sich positiv auf die Gesundheit auswirkt, konnte wissenschaftlich bereits mehrfach bewiesen werden. Beispielsweise belegen empirische Studien die günstigen Wirkungen der Tanztherapie auf emotionale Erkrankungen, wie z. B. Depressionen oder Angstzustände. Eine andere Studie mit Parkinson-Patienten zeigt, dass das Zittern mit Hilfe von Tanztherapie gelindert werden kann. Automatisch ablaufende Bewegungen sind bei Parkinson-Kranken vielfach nicht mehr möglich. Beim Tanzen können Betroffene jedoch üben, diese Bewegungen wieder auszuführen.

Tanzen fördert die Bildung neuer Nervenzellen bis ins hohe Alter. Damit lässt sich das Risiko, an Demenz zu erkranken, um etwa 20 Prozent senken. Eine Studie aus dem Jahr 2017 legt nahe, dass Tanzen besser gegen altersbedingte Demenz hilft als andere Fitnessübungen. Für die Studie wurden zwei Gruppen von Menschen verglichen. Das Durchschnittsalter der Teilnehmenden lag bei etwa 68 Jahren. Über einen Zeitraum von 18 Monaten hatte die eine Gruppe einmal pro Woche Tanzkurs, die andere Gruppe machte normale Fitnessübungen. Bei beiden Gruppen wurden Verbesserungen in den Hirnstrukturen festgestellt, aber die Tanzenden schnitten noch besser ab, vor allem auch in Bezug aufs Gleichgewicht. Ein nicht zu unterschätzender Nebeneffekt ist, dass dadurch die Sturzgefahr, die im Alter deutlich zunimmt, reduziert wird.

Positive Nebenwirkungen

Nachgewiesen sind auch günstige Effekte für die Herz-Kreislauf-Gesundheit. „Ein erhöhter Body-Mass-Index sinkt, ebenso die Konzentration von Blutfetten. Ausdauerleistung und Muskelkraft steigen hingegen“, beschreibt die Sportpsychologin Mag. Mirjam Wolf von den Tirol Kliniken die positiven „Nebenwirkungen“ regelmäßigen Tanzens. Gleichzeitig könne die Musik die Stimmung verändern – mit günstigen Auswirkungen auf Blutdruck, Herzrate und Atmung. Neben solchen körperlichen Effekten, die bereits bekannt sind, fördert Tanzen auch das psychische Wohlbefinden. „In einer Studie aus dem Jahr 2010 haben mehr als 90 Prozent der Teilnehmer angegeben, dass Tanzen ihnen bei der Bewältigung der vielfältigen Belastungen des Tages hilft und gleichzeitig zur Entspannung beiträgt“, so die Sportpsychologin. So berichten Hobbytänzer etwa davon, sich nach dem Tanzen glücklich, euphorisch, energiegeladen, aber gleichzeitig relaxed zu fühlen. Die stimmungsaufhellende Wirkung entsteht vermutlich dadurch, dass während des Tanzens vermehrt bestimmte Botenstoffe wie das Bindungshormon Oxytozin und Glückshormone ausgeschüttet werden, während der Spiegel des Stresshormons Kortisol sinkt. Tanzen ist für das Gehirn wie eine Art Droge und spricht Hirnregionen an, die man als Belohnungssystem bezeichnet.

Balsam für Gelenke

Was Tanzen zur Linderung chronischer Gelenksschmerzen beitragen kann, untersuchte ein Forscherteam der Uni Magdeburg. Die Experten begleiteten eine Gruppe von Menschen über 65 Jahren, die einmal pro Woche 90 Minuten tanzen. Dabei untersuchten die Wissenschafter, wie diese Bewegung auf Körper und Seele wirkte. Ein erstaunliches Ergebnis: „Ich habe Patienten, die vor Schmerzen kaum aufrecht gehen konnten und die wieder beweglich wurden, völlig glücklich und losgelöst“, sagt Dr. Anita Hökelmann, Professorin am Institut für Sportwissenschaften. Die Gründe dafür sind vielfältig. Sobald die Gelenke beim Tanzen warm geworden sind, werden sie in gesundem Maß belastet – nicht zu viel und nicht zu wenig. Bänder und Sehnen werden kräftiger und flexibler. Und der Knorpel in den Fuß-, Knie- und Hüftgelenken bekommt viele Nährstoffe. Das hält ihn glatt und beugt Schäden vor. Je länger Tanzen als Hobby betrieben wird, desto aufrechter wird die Haltung. Und es schenkt positive Ausstrahlung, denn die Bewegungen werden eleganter und jugendlicher. Das beugt zudem gegen ein typisches Problem im Alter vor: den nachlassenden Gleichgewichtssinn. Die Forscher der Uni Magdeburg haben beobachtet, dass ein wöchentliches Tanztraining dem Einzelnen bis zu zehn Extra-Jahre Balance schenkt. Beim Tanzen ziehen und drücken Muskeln und Sehnen am Skelett. Dieser Reiz erhöht in den Knochen den Stoffwechsel: Mehr Kalzium wird eingelagert und festigt sie. Das Risiko für Osteoporose (Knochenschwund) sinkt also mit jeder Tanzstunde – die zudem die Muskeln weiter stärkt und dem Skelett zusätzlichen Halt gibt.

Mehr Selbstvertrauen

Sowohl bei Jugendlichen als auch bei Erwachsenen konnte durch regelmäßiges Tanzen eine Stärkung des Selbstbildes, des Selbstwertgefühls und des Selbstvertrauens nachgewiesen werden. Darüber hinaus entwickeln die Tanzenden ein intensives Gemeinschaftsgefühl. Neurowissenschafterin Dr. Julia Christensen interpretiert das folgendermaßen: „Wenn wir miteinander tanzen, also synchrone Bewegungen machen, dann löst sich gewissermaßen die Grenze zwischen dem Ich und dem Du auf. Studien haben gezeigt, dass Menschen, die zusammen getanzt haben, sich hinterher mehr mögen, empathischer miteinander umgehen und sogar besser Probleme lösen können.“

Es ist nie zu spät, damit zu beginnen. Wenn Sie Hemmungen spüren, schauen Sie zuerst anderen beim Tanzen zu – so die Empfehlung der Expertin. Und geben Sie nicht gleich auf! Erinnern Sie sich, wir haben den Tanz in unseren Genen. Nach ein paar Mal Zuschauen kommen Sie ja vielleicht doch auf den Geschmack. Und Tanzen ist nicht zuletzt auch ein wunderbares Mittel gegen Einsamkeit. Also, let’s dance!

Gute Gründe fürs regelmäßige Tanzen

Tänzer haben im Vergleich zu altersentsprechenden Nicht-Tänzern:

✓  eine verbesserte Herz-Kreislauf-Fitness

✓  ein besseres dynamisches Gleichgewicht

✓  ein stärkeres Kraftvermögen des Rumpfes

✓  eine größere Knochenmineralisierung

Regelmäßiges Tanzen führt zu:

✓  Reduktion des erhöhten Body-Mass-Index bei Jugendlichen und Erwachsenen mit Verminderung der Fettmasse und der Triglyzeride

✓  Minderung des Risikos für Übergewicht und Fettsucht

✓  Verbesserung der Ausdauerleistung des Herz-Kreislaufsystems

✓  Optimierung der muskulären Dauerleistung undder Muskelkraft von Rumpf und Beinen

✓  Verbesserung des Gleichgewichts beim Gehen sowieder Flexibilität

✓  Reduktion der Sturzgefahr bei älteren Personen

Quelle: „Tanzen und Gesundheit aus sportmedizinischer und sportpsychologischer Sicht“: Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Schobersberger und Mag. Mirjam Wolf

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