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Der Landwirt von heute ist gefordert (Foto: ollinka/iStockphoto.com)
Der Landwirt von heute ist gefordert (Foto: ollinka/iStockphoto.com)

Einfallsreiche Nahversorger

Es ist erfreulich, zu sehen, dass es immer mehr Bauernmärkte, Biokistenzusteller und Ab-Hof-Läden gibt. Seit einigen Jahren ergänzen innovative Beschaffungsinitiativen, wie Foodcoops, Solidarische Landwirtschaften sowie Selbsternteprojekte das Angebot direkter Lebensmittelversorgung. Sie alle haben sich das Ziel gesetzt, die lokale landwirtschaftliche Produktion zu unterstützen und sich vom herrschenden Agrar- und Wirtschaftssystem so weit wie möglich unabhängig zu machen.

Machtkonzentration

In Österreich teilen sich über 80 Prozent des gesamten Lebensmittelhandels lediglich drei Handelsunternehmen. Eine Machtkonzentration, die weltweit ihresgleichen sucht. Strenge Verträge und Dumpingpreise der großen Handelsketten bringen kleine, heimische Produzenten immer öfter an den Rand ihrer Existenz. Viele geben auf. Pro Tag sperren in Österreich sechs Bauernhöfe für immer zu. Das sind rund 2.000 Betriebe weniger jedes Jahr – und mit ihnen mindestens ebenso viele Arbeitsplätze. Die sozialen und ökonomischen Folgen sind dramatisch. Im besseren Fall übernehmen verbleibende Höfe aufgegebene Flächen. Trotzdem sind heimische Betriebe im internationalen Vergleich immer noch sehr klein. Aber unabhängig davon, ob groß oder klein, ohne Fördergelder und Ausgleichszahlungen kann im herrschenden System ohnehin kein landwirtschaftlicher Betrieb mehr überleben. Steigen nämlich im Geschäft für uns die Preise, so bedeutet das noch lange nicht mehr Einkommen für den, der die Arbeit dafür tut. Bekam der Getreidebauer noch vor 30 Jahren rund sechs Prozent vom Brotpreis, so sind es mittlerweile nur mehr rund drei Prozent. Vor 60 Jahren waren es übrigens noch fast 50 Prozent. Ähnlich sieht es bei Fleisch, Milch, Gemüse und anderen Grundnahrungsmitteln aus. Interessante Ertragsmargen bleiben größtenteils dem Handel.

Foodcoops

Man kann beobachten, dass wieder mehr Menschen ihre Lebensmittel lieber direkt beim Erzeuger kaufen. Allerdings ist nicht jeder Hof Selbstvermarkter und nicht jeder von uns hat ein meist notwendiges Auto, um dorthin zu fahren, wo es wächst und gedeiht. Was, nebenbei gesagt, auch nicht gerade umweltfreundlich wäre. Das Konzept der Foodcoops hat hier weitergedacht, indem man sich zum Einkaufen organisiert. Möglichst kurze Distanzen und ressourcenschonend lautet das Credo bei echten Foodies. Ihre bevorzugten Einkaufsquellen sind dabei biologisch wirtschaftende Kleinproduzenten. Denn diese leisten einerseits einen besonders wertvollen Beitrag zur Erhaltung einer vielfältigen und zukunftsgerechten Landwirtschaft, haben es andererseits aber oft schwer, sich und ihre Produkte entsprechend gut zu vermarkten. Via Foodcoop werden die Kunden schneller erreicht, und ein verlässlicher Absatz ist gesichert.

Die Idee der Foodcoop stammt ursprünglich aus dem studentischen, urbanen Umfeld und kann grob mit Lebensmittelgemeinschaft übersetzt werden. Als erste österreichische Foodcoop wurde 2007 das „Bio- paradeis“ in Wien gegründet. Mittlerweile gibt es rund 80 in ganz Österreich, meist mit etwa 50 bis 100 Mitgliedern. Vor allem in den Ballungsräumen erleben Foodcoops zur Zeit einen starken Zustrom. Da im Unterschied zum konventionellen Handel keinerlei Gewinn erwirtschaftet wird, muss jeder Teilnehmer aktiv beim laufenden Geschehen mithelfen. So möchte ein Warenlager gepflegt, Bestellungen, Abholung und Transport abgewickelt und die Verteilung der Lebensmittel zu den Abholzeiten betreut werden. Anfallende Fixkosten werden durch Mitgliedsbeiträge gedeckt.

Als Gegenleistung genießt man eine große Auswahl an typisch bäuerlichen Produkten. Angefangen von frischem Obst, Gemüse, Kartoffeln, Getreideprodukten, Ölsaaten, Hülsenfrüchten, Eiern, Fleisch und Milchprodukten bis zu heimischem Fisch, Wein, Essig, Senf und Honig. Erhältlich ist fast alles, was gut ist und gut schmeckt. In manchen Foodcoops verzichtet man auch nicht auf Exotisches wie Kaffee, Tee, Schokolade und Gewürze, die – fair gehandelt – ebenfalls von kleinbäuerlichen Produzenten stammen. Aus Prinzip können und wollen Foodcoops bei der üblichen Preisschlacht nicht mitmachen. Trotzdem gibt es zwischendurch echte Schnäppchen. Wenn z. B. ein Bauer seine vom Handel verschmähten, weil herzförmig geratenen, Kartoffeln günstig abgibt, um sie nicht einackern zu müssen.

• Speisereisen. Eine Besonderheit bei Foodcoops sind die „Speisereisen“. Hier besuchen Foodcoop-Teilnehmer die Höfe der Produzenten. Man lernt sich dabei kennen und spürt das gegenseitige Vertrauen. Wenn der Jungbauer dann noch augenzwinkernd beichtet, dass er momentan leider keine Dinkelnudeln anbieten kann, weil die Schwiegermutter grad auf ihn bös ist, weiß man wieder, wie gut es tut, wenn es auch beim Einkaufen ein wenig menschelt.

Ernte teilen

Neue Wege beschreitet auch das Konzept der Solidarischen Landwirtschaft. Abgekürzt als SoLaWi oder im englischen Sprachgebrauch auch als Community Supported Agriculture (CSA). Hier erwirbt man nicht einfach ein bestimmtes Produkt, sondern einen „Ernteanteil“. Das kann, je nach Ernteerfolg, einmal mehr von dem einem und einmal weniger von dem anderen sein. Auf alle Fälle wird man übers Jahr mit frischem, regionalem Gemüse, Obst und anderen bäuerlichen Produkten in Bioqualität versorgt.

Diese Variante des Lebensmitteleinkaufs verteilt das unternehmerische Risiko vom Erzeuger auf alle Mitglieder der Solidarischen Landwirtschaft. Sie garantiert darüber hinaus dem Betrieb bereits am Anfang des Wirtschaftsjahres ein existenzsicherndes Einkommen, mit dem er planen und wirtschaften kann. Je nach Größe des Hofes werden pro Saison zwischen 50 und 200 Ernteanteile angeboten, die meist zwischen 60 und 120 Euro pro Monat kosten und einen Haushalt gut versorgen. Kultiviert werden vor allem Gemüse aller Art, aber auch Kräuter und Früchte. Manche Betriebe bieten zusätzlich Eier, Fleisch, Milchprodukte oder betriebseigene Spezialitäten. Auch hier profitieren vor allem die kleineren sowie neugegründeten Betriebe, da gerade diese meist nur geringe Rücklagen und kaum Zugang zu Kapital für notwendige Investitionen haben.

• Qualität und Vielfalt. Neben biologischer Qualität wird beim Anbau größter Wert auf lokal angepasste Sorten, hohe Vielfalt und Saisonalität gelegt. Geerntet wird zum besten Zeitpunkt. So wird auch wieder unser Gespür lebendig, dass Radieschen im Frühjahr am knackigsten sind und Erdbeeren reif am besten schmecken. In der kalten Jahreszeit zeigen Wintersalate, Wurzel- und Kohlgemüse, wie unglaublich bunt und schmackhaft es trotz tiefer Temperaturen auf heimischen Feldern zugehen kann. Teilnehmer berichten begeistert, wie viel Neues sie immer wieder kennenlernen, da auch fast vergessene Gemüsesorten, wie z. B. Mairübchen, Grünkohl oder Knollenziest, wieder zum Vorschein kommen. Diese große Sortenvielfalt bringt uns gesunde Abwechslung auf den Speiseplan und dem Betrieb eine höhere Ertragssicherheit.

• Mitreden und Mitarbeiten. Mitglieder einer SoLaWi werden vom Hofbetreiber in manche Entscheidungen miteingebunden. Auch eine Mitarbeit am Hof ist erwünscht oder, je nach Vereinbarung, für einige Tage im Jahr gar verpflichtend. Das federt Arbeitsspitzen bei Aussaat, Beikrautkontrolle und Ernte ab. Bei der gemeinsamen Feldarbeit erlebt man nicht nur Gemeinschaft, sondern auch die Freude am Tun mit und in der Natur.

Auf diese Weise funktioniert seit 2011 die erste österreichische Solidarische Landwirtschaft am Gärtnerhof Ochsenherz in Gänserndorf. Mittlerweile sind hierzulande an die 20 landwirtschaftlichen Betriebe dieser Art aktiv. In nur wenigen Jahrzehnten hat sich das Konzept der Solidarischen Landwirtschaft weltweit bereits in über 40 Ländern etabliert und ist so zum Vorzeigemodell für eine „enkeltaugliche“ Landwirtschaft geworden.

Selbst und gemeinsam

Wer sich noch ambitionierter fühlt, seine eigene Ernährungssouveränität zu stärken, für den bieten sich Selbsternteinitiativen aller Art an. Hier kann man ohne eigenen Garten oder Feldbesitz Gemüse, Kräuter oder Blumen selbst pflanzen, pflegen und ernten. Dazu mietet man für ein Jahr eine Feldparzelle und kann loslegen. Je nach Organisation wird vom Anbieter ganz oder teilweise vorgepflanzt oder man kann nur selbst anbauen. Die Kosten für eine Parzelle variieren je nach Leistungsangebot, sind aber so angelegt, dass sich ein Haushalt kostengünstig mit frischem Grün versorgen kann.

Das schöne Motto „gute Lebensmittel für alle“ gilt bei Foodcoops, SoLaWi und Selbsternteinitiativen nicht nur als Schlagwort, sondern macht auch Mut, unsere Versorgung mit Lebensmitteln wieder nachhaltiger, fairer und unabhängiger zu gestalten. Viele Praxisbeispiele zeigen, dass sich die Anstrengung dafür allemal lohnt.

Lesen Sie auch: Foodtrends – Was essen wir morgen?

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