Die heilsame Kraft des Sanikels (Sanicula europaea L.) wurde früher für so groß gehalten, dass er „selbst Fleischstücke im Topf wieder zusammenwachsen“ lassen sollte. Diese sonderbare „Heilkraft“ geht wahrscheinlich auf eine Bemerkung des römischen Gelehrten Plinius zurück. Sanikel wurde einst auch gegen den „bösen Magen“ verwendet. Im Mittelalter gehörte das „Heilerchen“ oder das „Heil aller Schäden“ zur Notfallausrüstung jedes Arztes. Auch Soldaten verwendeten den Sanikel zur Wundversorgung. Sogar Barbiere hatten die Pflanze parat, um Schnitte zu behandeln. Nicht zuletzt empfahl Hildegard von Bingen in ihren Schriften den Sanikel als Magen- und Darmmittel sowie zur Wundbehandlung.
Der Sanikel und seine Anwendung
Eine Leserin behandelte Schürfwunden bei ihrer Mutter immer mit einer Sanikel-Abkochung. Sie bereitete mit dem Kraut einen Tee, betupfte damit die Wunden oder legte einen mit Tee getränkten Verband auf. Eine andere Frau sammelte während des Zweiten Weltkriegs Sanikel, um Wunden zu behandeln. Auch kurierte sie mit einer Sanikel-Abkochung das offene Bein ihres Mannes. Von einer weiteren Frau wurde berichtet, dass ihr Sohn schuppende Stellen am Bein hatte. Der Dermatologe fand keine Erklärung für die Ursache, war jedoch der Ansicht, dass es sich nicht um Psoriasis (Schuppenflechte) handelte. Aus dem von mir und Co-Autor Frank Hiepe verfassten Buch „Arnika und Tausendguldenkraut“ erfuhr die Mutter schließlich vom Sanikel. Ihr Sohn wurde folglich erfolgreich mit Sanikel-Tee und mit einer Sanikel-Salbe aus dem Handel behandelt.
Wirksame Inhaltsstoffe
Die wichtigsten Inhaltsstoffe von Sanikel sind Triterpensaponine, Acylsaniculoside, Rosmarinsäure, Gerbstoffe, Bitterstoffe, Flavonoide (mit Rutin), organische Säuren, Mineralstoffe und Vitamin C. Der Mix wirkt laut Heilpflanzenexpertin und Gründerin der Freiburger Heilpflanzenschule Ursel Bühring entzündungshemmend, auswurffördernd, antibakteriell, antimykotisch, antiviral, adstringierend und heilungsfördernd bei schlecht heilenden Wunden.
Innerliche Anwendung. Tee, Tinktur: Bei Bronchitis, leichten Katarrhen der Luftwege, hilfreich auch bei Blähungen (in Kombination mit Fenchel, Kümmel, Pfefferminze).
Äußerliche Anwendung. Tee, verdünnte Tinktur: Als Gurgelmittel bei Zahnfleisch- und Rachenentzündung, für Umschläge, Waschungen bei Quetschungen, Zerrungen, Verstauchungen, Hautausschlägen. Der Handel bietet auch eine Sanikel-Salbe an. Als Bad bei Hautekzemen.
Tipp zur Teezubereitung: 1–2 TL Sanikelkraut mit 150 ml kochendem Wasser übergießen, nach 10 Minuten abseihen. Mehrmals täglich eine Tasse Tee trinken.
Pflanzenportrait
Blütezeit: Mai bis Juni, Fruchtreife: August bis Oktober.
Die Bestäubung erfolgt durch Insekten oder Selbstbestäubung.
Blüten: Die weißen Blüten haben ein besonderes Merkmal: Die fünf Staubgefäße ragen weit aus den Blüten hervor. Die hakigstacheligen, kugeligen Früchtchen gleichen kleinen Kletten.
Verwendete Pflanzenteile: Kraut und Wurzel
Vorkommen: Bevorzugt kommt der Doldenblütler in Laubwäldern und im Gebüsch vor. Er gedeiht auf humusreichen, feuchten Böden bis 1.700 Meter Seehöhe.
Anbau im Garten: Wer Samen hat, kann diese aussähen oder man besorgt sich Setzlinge. Wichtig sind ein humusreicher Boden und ein schattiger Platz, am besten unter Sträuchern. Der Sanikel gedeiht gut und vermehrt sich recht schnell.