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Fängt das Räucherwerk an zu stinken, dann sind die ätherischen Öle verbrannt und die Zellulose der Pflanzen fängt an zu verbrennen (Foto: Helmut Feil/iStockphoto.com)
Fängt das Räucherwerk an zu stinken, dann sind die ätherischen Öle verbrannt und die Zellulose der Pflanzen fängt an zu verbrennen (Foto: Helmut Feil/iStockphoto.com)

Räuchern für die Seele

„Danke für die Gesundheit. Danke für das Jahr. Danke für die Tiere. Wir bitten um Segen“: Viele Familien am Land, aber auch in der Stadt gehen in den letzten Tagen im Dezember durch Haus und Hof und sagen Danke. In ihren Händen ein kleines Schälchen, das Räucherwerk beinhaltet. Rauch erzeugt aus verbrannten Harzen und Kräutern strömt so in die einzelnen Räume und auf den Besitz. Durch das rituelle Räuchern werden die Räume gereinigt und die Geister milde gestimmt. 

Seit es das Feuer gibt

Räuchern hat eine sehr lange Tradition und geht zurück bis zur Entdeckung des Feuers. „Die Menschen stellten damals fest, dass sich die Gerüche aber auch die eigene Stimmung änderte, wenn man unterschiedliche Hölzer ins Feuer warf“, sagt Dipl.-Ing. Sigrid Csurda-Steinwender, Geomantin und Räucherexpertin. Der Rauch war von da an auch ein Kommunikationsmedium in die Anderswelt – hin zu den Ahnen, in die Tier- und Pflanzenwelt, aber auch hin zur eigenen Innenwelt, eine Art Trägermedium, um dorthin zu gelangen, wohin man bewusst seine Aufmerksamkeit lenken wollte. „Die Tradition des Räucherns findet sich in jeder Kultur wieder. Die alten Römer zum Beispiel pflegten eine große Räucherkultur. Sie räucherten zu Ehren der Götter, bei Opferzeremonien, bevor sie in die Schlacht gezogen sind oder um sich zu beduften“, sagt die Expertin. Räuchern hat in allen Kulturen sakrale, rituelle, reinigende oder heilende Zwecke. „Im Gegensatz zu anderen Kulturen hat bei uns im heutigen Europa das Räuchern mehr einen esoterischen Touch und wird hauptsächlich zum Reinigen der Räume verwendet“, sagt Csurda-Steinwender. Im bäuerlichen Raum räuchern die Leute auch heute noch, um Haus und Hof zu segnen, von Dämonen fernzuhalten, die Ahnen gnädig zu stimmen oder die Ställe zu desinfizieren. Es gibt aber auch Immobilienmakler, die regelmäßig räuchern, wenn Bewohner ausgezogen oder in der Wohnung verstorben sind. Und natürlich räuchern viele Menschen, wenn sie das Gefühl haben, daheim ist wieder einmal dicke Luft, es könnte eine Reinigung brauchen.

Was kann man räuchern und was nicht?

Das Räucherwerk, das man zum Räuchern benötigt, wächst sprichwörtlich vor der eigenen Haustür. „Alle Pflanzen, die man kennt, kann man verräuchern. Jene, die man nicht kennt, sollte man lieber nicht nehmen. Denn diese können auch giftig sein. Im schlimmsten Fall können giftige Pflanzen, die man verräuchert, Atemlähmung oder Psychosen verursachen“, klärt Csurda-Steinwender auf. Auch Nadeln oder Harze von den Bäumen kann man zum Räuchern verwenden. „Bei den Harzen eignet sich das alte, bereits eingetrocknete, nicht das frische. Wer in Kräuterkunde nicht so bewandert ist, kann auch zu Räucherwerk aus dem Fachhandel greifen. Aber Achtung, hier gibt es große Qualitätsunterschiede. „Wenn ich da an so manches Räucherwerk denke, das man beispielsweise am Christkindlmarkt kaufen kann, dann sieht das super aus. Farbig, hübsch verpackt, aber steckt leider voller Chemie und kann so den Organismus mehr schaden als Gutes tun“, sagt die Expertin. Darum sich lieber im Fachhandel beraten lassen. Da findet man auch fertige Mischungen wie beispielsweise „Liebe“, „Kreativität“, „Freundschaft“ etc. „Von dem qualitätsvollen Räucherwerk benötigt man meist auch weniger, da sich das billige schneller auflöst“, so die Expertin.

Geomantin, Architektin und Räucherexpertin Dipl.-Ing. Sigrid Csurda-Steinwender (Foto: Alexander Csurda)

Kräuter aus der Küche und ihre Wirkungen

Es braucht aber keine teuren Mischungen oder exotischen Substanzen, zum Räuchern eignen sich gut getrocknete Kräuter aus der Küche. Hier einige Beispiele samt ihren Wirkungen:

  • Salbei oder Beifuß: nutzt man zur Reinigung
  • Wacholderbeeren: wirken reinigend, stärken die Konzentration und sorgen für innere Stabilität
  • Lavendel: beruhigt und sorgt für einen klaren, wachen Geist
  • Rosmarin: ist heilsam für alte Wunden
  • Minze: belebt
  • Lorbeer: klärt die Luft und fördert Ideen
  • Rosenblätter: sorgen für Wohlbefinden
  • Kamille: wirkt ausgleichend und harmonisierend

Die Intention zählt

Jetzt braucht es nur noch einen Räucherkelch oder einen Blumentopf mit Sand sowie Kohletabletten, die man ebenfalls im Fachhandel bekommt und man kann loslegen. Wichtig dabei ist, dass man sich Zeit zum Räuchern nimmt, ohne Druck und Ablenkung. Die Aufmerksamkeit komplett auf das Räuchern gerichtet. „Es gibt keinen bestimmten Ablauf dabei. Gerade das Räuchern lädt dazu ein, seiner Intuition zu folgen. Sei es bei der Auswahl der Kräuter oder was man wo räuchern möchte. Einfach in sich hineinspüren und dem Gefühl folgen“, sagt Csurda-Steinwender. Ein paar praktische Tipps hat sie dennoch:

  1. Die Kohle muss wie beim Grillen zuerst weiß werden, bevor man das Räucherwerk darauf platziert.
  2. Zunächst erst wenig von den Kräutern und Harzen draufgeben, schauen wie es auf einen wirkt und nach Bedarf mehr drauflegen. Denn hier gilt: Mehr wirkt nicht gleich mehr. Schon mit wenig lässt sich viel bewirken.
  3. Fängt das Räucherwerk an zu stinken, dann sind die ätherischen Öle verbrannt und die Zellulose der Pflanzen fängt an zu verbrennen. Passiert das, einfach das Räucherwerk beiseiteschieben und frisches auflegen.

Räuchern zu den Raunächten

Den Raunächten liegt eine besondere Mystik zugrunde. „Zu den Raunächten öffnet sich ein Energieportal, das sich aus einer Lücke aus dem Sonnen- und Mondkalender ergeben hat. Es heißt, dass sich zu der Zeit die Tore zur Anderswelt und zu unseren Ahnen öffnen“, erklärt die Expertin. Die 12 Raunächte symbolisieren die Zeit zwischen den Jahren. Es ist eine Zeit des nach Innehaltens und Innenschauens. Man geht in die Stille und schaut, was tut mir gut und was nicht. Wozu sage ich im nächsten Jahr ja und was möchte ich loslassen. Wie ist das alte Jahr gelaufen und was nehme ich mit ins neue? „Modern ausgedrückt ist diese Zeit eine Zeit der Evaluierung des eigenen Befindens und des eigenen Lebens.“ 

Oft wird der 21. Dezember als Beginn der Raunächte miteinbezogen und als die nullte Raunacht bezeichnet. Der eigentliche Beginn ist der 25. 12. bis zur letzten Raunacht am 5. 1. In diesen zwölf Tagen gibt es unterschiedliche Rituale, das vergangene Jahr zu beenden und das neue einzuläuten. Auch das Räuchern nimmt in dieser Zeit einen besonderen Stellenwert ein. So gibt es auch hier diverse Methoden, in dieser besinnlichen Zeit in sich zu gehen und zu räuchern. Das Wünscheritual ist eine davon.

Das Wünscheritual

Dazu nimmt man sich in der Zeit der Raunächte täglich bewusst ein paar Minuten Zeit. Es geht um keinen strickten Plan oder einen stundenlangen Akt, sondern nur um ein bewusstes nach innen blicken und reflektieren, um inspiriert und losgelöst ins neue Jahr zu starten. 

So geht’s: Beim Wünscheritual schreibt man dreizehn Herzenswünsche oder Intentionen für das kommende Jahr auf kleine Zetteln. Danach gibt man sie in ein schönes Gefäß und mischt ordentlich durch. In jeder Raunacht, ab dem 25. Dezember wird ein Zettel gezogen, diesen sieht man sich aber nicht mehr an, sondern hält ihn kurz in der Hand. Dann lässt man ihn los und übergibt diesen Wunsch ins Vertrauen, dass er in Erfüllung gehen mag. Dazu verbrennt man ihn in einem feuerfesten Gefäß mit Kräutern seiner Wahl (oder auch ohne). Nach der zwölften Raunacht am 5. Jänner hält man den letzten Wunsch in den Händen. Den sieht man sich nun an. Denn für diesen Wunsch und dessen Verwirklichung im Jahr 2024 ist man nun selbst verantwortlich.

Buchtipp

Foto: Nikki Harris Fotografie

Räuchern, Raunacht, Rituale. Aufgeräumt und befreit durch das Jahr von Sigrid Csurda-Steinwender, erschienen im Kneipp Verlag 2019, um 20, 95 Euro.

Mehr Infos unter: himmelunderde.com

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