„Der Lebensraum von Wildtieren wird immer kleiner“

KNEIPP: Wie ist der Status quo in Österreich? 

Magdalena Bauer: Wir halten uns oft für ein Umweltmusterland – davon sind wir aber leider weit entfernt. Gerade beim Artenschutz haben wir großen Aufholbedarf, da sind wir im EU-Vergleich an vorletzter Stelle. Dabei wäre die Artenvielfalt groß: Ungefähr 46.000 Tierarten gibt es in Österreich, dabei bilden Insekten mit rund 40.000 Arten die größte Gruppe. Etwa 580 Tierarten sind endemisch, sie kommen also nur in Österreich vor.

Welche Tierarten sind gefährdet und warum?

Zumindest mehr als die Hälfte aller Amphibien und Reptilien, knapp die Hälfte aller Fische und ein Drittel aller Vögel und Säugetiere sind stark gefährdet. Gründe dafür sind die Übernutzung, Zerstörung und Zerschneidung von Lebensräumen. Wildtier-Populationen leiden massiv unter der voranschreitenden Verbauung. Egal, ob neue Straßen oder große Gewerbeparks am Rand von Siedlungen – der Lebensraum von Wildtieren wird immer kleiner. Auch unsere Flüsse sind stark verbaut: Wasserkraftwerke oder andere Verbauungen beeinträchtigen die empfindlichen Ökosysteme massiv. Außerdem werden streng geschützte Arten wie Wolf, Luchs oder Seeadler illegal getötet. Die direkte Verfolgung dieser Arten hat schon vor vielen Jahren dazu geführt, dass sie stark dezimiert oder sogar ausgerottet wurden.

Was kann man tun, um Wildtiere zu schützen?

Wildtiere brauchen geschützte Lebensräume. Leider sind wir hierzulande auch in diesem Punkt Nachzügler. Mit einem Anteil von 15 Prozent der Landesfläche an Natura 2000 Schutzgebieten liegt Österreich unter dem EU-Schnitt von 18 Prozent. Aber auch abseits der Schutzgebiete können wir durch mehr Bodenschutz einen Beitrag leisten. Jeden Tag werden in Österreich im Schnitt mehr als 11 Hektar an Boden verbraucht. Hier müssen endlich Maßnahmen gesetzt werden, allem voran ein „Bodenschutz-Vertrag“ für ganz Österreich. Darüber hinaus braucht es gezielte Projekte, um Lebensräume für stark gefährdete Wildtiere wiederherzustellen.

Gibt es dafür ein Beispiel?

Ein Erfolgsbeispiel ist der Schutz des Seeadlers. Um die Jahrtausendwende galt das Wappentier in Österreich als ausgestorben. Vor etwa 20 Jahren wurden erstmals wieder Jungvögel in den March-Auen nachgewiesen. Seither arbeitet der WWF intensiv daran, die Population zu verstärken – heute freuen wir uns schon über 50 Brutpaare in Österreich.

Welche anderen Artenschutz-Projekte gibt es?

Ein langjähriges WWF-Projekt ist das Auenreservat in Marchegg. 2022 haben wir das 50-jährige Jubiläum gefeiert. Als der WWF die Verwaltung des Gebiets einst übernommen hat, war es schwer belastet und stark verschmutzt. Heute ist es kaum wiederzuerkennen – ein Naturjuwel im Herzen Europas. Die Rettung der Marchauen ist eine der größten Erfolgsgeschichten im österreichischen Naturschutz. Seeadler, Weißstorch und die March-Esche sind nur einige Arten, deren Überleben in Österreich vom effektiven Schutz dieser Region abhängt. Das Auenreservat Marchegg ist bekannt für seltene Pflanzen- und Tierarten, die Storchenkolonie oder freilebende Pferde, die hier ihren Lebensraum haben.

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