Zum Inhalt springen
Die Therapie des Nervenschmerzes ist oftmals komplex und schwierig (Foto: Volodymyr Horbovyy/iStockphoto.com)
Die Therapie des Nervenschmerzes ist oftmals komplex und schwierig (Foto: Volodymyr Horbovyy/iStockphoto.com)

Nervenschmerzen an der Wurzel packen

So unangenehm er ist, der Schmerz ist eine lebenswichtige Empfindung und muss als Warn- und Alarmsignal ernst genommen werden. Der Gefahr einer Chronifizierung soll durch adäquate Behandlung vorgebeugt werden. Die Therapie des Nervenschmerzes ist oftmals komplex und schwierig, weil er auf die klassischen Schmerzmedikamente nicht anspricht. Arme, Hände, Beine, Füße, Kopf und Rücken sind oftmals von Nervenschmerzen betroffen. Im Unterschied zu Schmerzen, wo Nerven nur als Übermittler fungieren (nozizeptiver Schmerz), sind sie bei Neuropathien selbst Auslöser bzw. Ursache. Es gibt zwei Arten von Nervenschmerzen:

Neuralgie

Dazu gehören wiederkehrende, plötzlich einschießende, stechende Schmerzen, die sich im Versorgungsgebiet eines oder mehrerer Nerven ausbreiten und dort verursacht sind. Taubheit und Berührungsempfindlichkeit können dazu kommen. Die Gründe sind Reizung, Druck auf den Nerv, aber auch Entzündungen am Nerv wie etwa bei der Zahnwurzel oder ein Tumor sein. Ischialgie, Trigeminusneuralgie oder Engpassysndrome wie das Karpaltunnelsyndrom, sind einige Beispiele. Auch Bandscheibenvorfälle oder Tumore im Bereich des Nervensystems können Engen verursachen und Druck ausüben. Infektionen wie Borreliose und Gürtelrose (Herpes Zoster) können ebenfalls Neuralgien nach sich ziehen. Ältere Menschen leiden unter einer Post-Zoster-Neuralgie nach Abheilung der Gürtelrose besonders häufig.

Neuropathie und Polyneuropathie

In diesem Fall ist das zentrale oder periphere Nervensystem selbst geschädigt oder erkrankt und somit der Verursacher des Schmerzes. Bei einer Polyneuropathie sind viele Nerven geschädigt, die Reizweiterleitung ist gestört, d. h. der Schmerz wird entweder gar nicht oder viel zu stark wahrgenommen. Betroffen sind oft Arme und Beine. Am bekanntesten ist die Diabetische Polyneuropathie, eine Spätfolge der Stoffwechselkrankheit. Rund 20 Prozent der Polyneuropathien bleibt idiopathisch – es wird keine erkennbare Ursache gefunden.

Individuelles Schmerzprofil

Betroffene beschreiben Nervenschmerzen je nach Ursache wie folgt:

  • einschießend
  • elektrisierend
  • stechend oder brennend
  • treten oft nachts oder in Ruhe auf, lassen bei Bewegung untertags nach
  • verbunden mit Kribbeln, Taubheit, Schwäche oder Lähmung
  • verbunden mit reduzierter Temperaturwahrnehmung
  • gesteigerte Berührungsempfindlichkeit – bereits Kleidung oder Bettdecke werden als schmerzhaft empfunden (Alodynie). Der Neurologe erstellt zur Diagnose ein Schmerzprofil und führt eine quantitative sensorische Testung durch, wobei z. B. Vibrationswahrnehmung, Berührungsempfindlichkeit, Druckschmerzschwelle, Temperaturempfinden ermittelt werden.

Krankheiten, Unfall, Entzündung

Ursachen für Nervenschmerzen gibt es viele – hier einige Beispiele für häufige Auslöser:

  • Nervenentzündungen, Infektionskrankheiten. HIV-assoziierte Polyneuropathie ist nicht selten. Patienten leiden unter brennenden Schmerzen und Empfindungsstörungen in den Füßen.
  • Diabetes. Die Diabetische Polyneuropathie ist eine häufige Langzeitfolge der Stoffwechselerkrankung.
  • Unfälle
  • Amputation mit Phantomschmerz
  • Engpasssyndrome
  • Krebserkrankung
  • Alkoholismus. Alkohol ist ein Nervengift und stört die Reizleitung der Nerven.
  • Medikamente. z. B. Chemotherapeutika
  • Operationsschäden. Je komplexer und größerein Eingriff, umso eher kann es zu Schäden an Nerven kommen.
  • Altersbedingte Abnutzungen. z. B. Arthrosen
  • Psychisch bedingter Dauerstress
  • Mangel an B-Vitaminen. Sie gelten als Nervennahrung, spielen bei der Regeneration und dem Nervenwachstum eine Rolle. Vitamin B 12 ist beispielsweise nur in tierischen Produkten enthalten, daher entwickeln Veganer auf Dauer einen Mangel und müssen das Vitamin durch Nahrungsergänzungsmittel zuführen.
  • Vergiftungen mit Schwermetallen. z. B. Blei, Arsen und Quecksilber

Sogenannte zentrale Neuropathien haben ihre Ursache in Krankheiten oder Ereignissen im Gehirn oder Rückenmark wie etwa Schlaganfall, Multiple Sklerose, Parkinson-Syndrom, Schädel-Hirn-Trauma, Querschnittlähmung, Verletzungen nach Operationen und Tumoren.

Lebensqualität verbessern

Die Behandlung kann sich langwierig und nach dem Motto „Versuch und Irrtum“ gestalten. Optimal ist, wenn man den Auslöser ausschalten oder unter Kontrolle halten kann. Ziele in der Therapie:
1. Schmerzreduktion um 30 bis 50 Prozent
2. Verbesserung von Schlaf- und Lebensqualität
3. Erhalt der sozialen Aktivität und der Arbeitsfähigkeit

Herkömmliche Schmerzmedikamente, sogenannte NSAR (Nicht-steroidale Antirheumatika) wirken nicht oder kaum. Gut wirksame Mittel sind: Antikonvulsiva. Sie hemmen die Reizweiterleitung und verringern die Erregbarkeit der Nerven. Trizyklische Antidepressiva. Schmerzlindernd. Selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederauf-nahmehemmer (SSNR). Sie lindern Schmerzen und senken die Schmerzempfindlichkeit.
Opiate: Sie lindern starke Schmerzen und unterdrücken deren Weiterleitung.
Schmerzpflaster mit Capsaicin (Chili-Wirkstoff): Bei peripherer Polyneuropathie ist dieses schmerzstillende rezeptpflichtige Pflaster gut wirksam.
In bestimmten Fällen, etwa beim Karpaltunnelsyndrom oder bei Lähmungserscheinungen nach Bandscheibenvorfall, ist eine Operation angezeigt.

Unterstützende Behandlung

Je nach Lokalisation und Ursache können vom Arzt weitere unterstützende Behandlungsoptionen verordnet werden.

  • Physio- und Ergotherapie
  • Akupunktur
  • Ruhigstellen des Bereichs, wenn Nerven gereizt oder entzündet sind.
  • TENS: Transkutane elektrische Nervenstimulation. Hautelektroden übertragen elektrische Impulse an den betroffenen Stellen, im Gehirn werden danach chemische Substanzen freigesetzt, die die Schmerzwahrnehmung dämpfen.
  • Kältetherapie. Manche Menschen sprechen auf kalte Wickel, Kältepackungen oder Kältekammer gut an. (In die Kältekammer bei minus 110 °C darf man nur nach ärztlicher Untersuchung.)
  • Entspannungsübungen und Hypnose. Sie setzen das Schmerzempfinden herab.
  • Psychotherapie, wenn die Lebensqualität schwer beeinträchtigt ist.
  • Wechselbäder und -duschen

Aus der Pflanzenheilkunde kommen die Rinde der Silberweide, Weihrauch, Chili, Teufelskralle, Bein- well, Arnika zur Linderung von Schmerz und Ent- zündung (Tee, Salbe, Tinktur, Wickel) in Frage.

Der große Unterschied

Akuter Schmerz. Er ist Folge einer Gewebeschädigung wie etwa bei Zahnproblemen, Schnittwunden, Entzündungen. Ist die Ursache beseitigt, verschwindet meist auch der Schmerz.

Chronischer Schmerz. Bis zu 20 Prozent der Schmerzen werden chronisch, das heißt, dass der Schmerz über einen Zeitraum von drei Monaten anhält oder immer wiederkehrt. Neben körperlichen Faktoren spielen auch psychische und soziale Aspekte eine Rolle.

Chronische Schmerzpatienten können ein Schmerzgedächtnis entwickeln, bei dem der Schmerz von der Ursache losgelöst ist und eine eigenständige Krankheit darstellt. Das Gehirn gewöhnt sich an die Situation und die Schmerzen bleiben bestehen, obwohl die Ursache bereits behoben ist. „Von einem Schmerzgedächtnis spricht man, wenn die Schmerzmatrix, die aus dem aufnehmenden, leitenden und verarbeitenden System besteht, verändert ist“, erklärt die Linzer Anästhesistin und Schmerztherapeutin Dr. Andrea Marek. Oft sind chronische Schmerzen auch Folge falsch behandelter oder unbehandelter akuter Schmerzen.

Schmerzschrittmacher

Die moderne Schmerztherapie hat heute multimodale Wege, um chronische Schmerzen zu lindern und das „Schmerzgedächtnis“ umzuprogrammieren. „Der Schmerztherapeut kann auch mehr Eingriffe am Ursprungsort des Schmerzes oder im Verlauf der Schmerzweiterleitung anbieten. Man unterscheidet Infiltration, modulative Schmerztherapie mittels Elektroden und Kathetern sowie Nervenverödung mit Kälte, Hitze oder Laser“, erklärt Anästhesistin Dr. Marek.

Eine Neuromodulation mit einem Schmerzschrittmacher wird überlegt, wenn mit medikamentöser Therapie keine ausreichende Wirkung erzielt werden kann. Diabetische Polyneuropathie, chronische Rückenschmerzen oder Post-Zoster-Neuralgien sind mögliche Indikationen. Dabei werden Elektroden auf das Rückenmark gesetzt, die mit Impulsen die Schmerzweiterleitung ins Gehirn verändern – der Patient empfindet weniger Schmerzen. Ziel ist, den Schmermittelkonsum stark zu reduzieren.

Lesen Sie auch: Spezielle Schmerztherapien

Teilen Sie diesen Beitrag

Österreichischer Kneippbund

Dem Österreichischen Kneippbund gehören heute mehr als 30.000 Mitglieder an, denen in rund 200 Kneipp-Aktiv-Clubs ein vielfältiges Gesundheitsprogramm angeboten wird. Regelmäßig erscheint zudem die Kneipp-Zeitschrift – mit vielen praktischen Tipps für mehr Gesundheit im Alltag.

Wichtige Links

[su_menu name=”Footer S2 Shop Allgemein” class=”footer_menu”]

[su_menu name=”Footer S2 Rechtliches” class=”footer_menu”]

Kneipp Shop

[su_menu name=”Footer S3 Shop” class=”footer_menu”]

Kneipp Themen

[su_menu name=”Footer S4 Main” class=”footer_menu”]

[su_menu name=”Footer S4 Aktuelle Schwerpunkte” class=”footer_menu”]