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Man sollte sich nicht darauf verlassen, dass Bioprodukte automatisch immer die bessere Wahl sind (Foto: RossHelen/iStockphoto.com).
Man sollte sich nicht darauf verlassen, dass Bioprodukte automatisch immer die bessere Wahl sind (Foto: RossHelen/iStockphoto.com).

Greenwashing: Hinters grüne Licht geführt

Es tut sich was im Supermarkt. Noch nie war es so einfach, mit dem täglichen Einkauf die Welt ein Stückchen besser zu machen. Wir Konsumenten wissen bereits sehr vieles über die oft miserablen und ungerechten Zustände in der Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion und kaufen gewiss bewusster als je zuvor. In den vergangenen Jahren brachte dieses neue Bewusstsein auch Produzenten und Handel zum Umdenken. Denn mit dem guten Gewissen lassen sich auch gute Geschäfte machen. An all dem gäbe es auch nichts auszusetzen, wären die Dinge nur tatsächlich immer so nachhaltig und in gesellschaftlicher Verantwortung, wie dies vielfach beworben wird. Es ist nämlich kein Geheimnis mehr, dass sich Produkte und ganze Unternehmen umweltfreundlicher darstellen als sie tatsächlich sind.

Dieses Phänomen nennt sich Greenwashing und hat viele Erscheinungsbilder: Da wird das Logo einer Fastfoodkette plötzlich von rot auf grün geschalten, Kartoffeln als regionales Produkt angeboten, obwohl sie aufgrund moderner Logistik zweimal durchs ganze Land gefahren werden müssen. Konzerninterne Gütezeichen versprechen nachhaltigen Fischgenuss und faire Arbeitsbedingungen für Kleinbauern des globalen Südens, ohne einer unabhängigen Kontrolle oder eines nachweislichen Erfolgs. Die Reihe an Beispielen dieser Art ließe sich lange fortsetzen. Das Schlimme am Greenwashing ist aber nicht nur, dass wir Konsumenten hinters Licht geführt werden, sondern auch Unternehmen und Initiativen mit echtem Engagement am Markt bedrängt werden.

Weiße Weste, grünes Mäntelchen

Von Konsumentenschutzseite kann man rechtlich gegen Greenwashing kaum vorgehen, da es einen breiten Graubereich zwischen zulässiger Werbung und regelwidriger Täuschung gibt. Beim Einkaufen selbst kann man jedoch mit gesunder Skepsis und etwas Hintergrundwissen Ökoschmähs doch sehr leicht enttarnen. Erste Hinweise liefert schon die Produktpalette eines Produzenten oder Händlers. Gibt es nur einige wenige nachhaltige Produkte im Portfolio? Wie sieht es mit der Firmenphilosophie zum Thema Nachhaltigkeit aus? Bereits hier gilt es kritisch zu sein, da Unternehmen und Produktbeschreibungen nicht mit schönen Worten geizen.

Greenwashing & Palmöl

Ein prominentes Beispiel für Greenwashing ist Palmöl, das in den vergangenen Jahren schlechthin zum Synonym skrupelloser Regenwaldzerstörung wurde. In jedem zweiten Produkt, vom Brotaufstrich bis zum Weichspüler, findet man es auf der Zutatenliste. Die 2004 von Unilever und WWF ins Leben gerufene Initiative RSPO (Roundtable of Sustainable Palm Oil) sollte eine nachhaltige Nutzung von Palmöl vorantreiben. Das entsprechende Gütesiegel findet sich auf sehr vielen Lebensmitteln, trotzdem hat sich an der Problematik nichts geändert, wie Kritiker meinen. Da Vereinbarungen nicht eingehalten werden und Sanktionen fehlen, geht die Regenwaldzerstörung in den Herkunftsländern Südostasiens trotz allem munter weiter. Auch als „palmölfrei“ ausgelobte Produkte stellen hier keine wirkliche Alternative dar. Denn selbst Öl aus Soja und Kokos verursacht ähnlich schlimme Probleme. Am besten vermeidet man daher Produkte mit Ölen dieser Art. Bioprodukte mit Palmöl aus nachweislich fairem Handel sind hingegen vertretbar, da hier der Anbau und die Verarbeitung sowohl umwelt- als auch menschenfreundlich passieren.

Greenwashing & Fisch

Die globale Überfischung der Weltmeere schreitet voran und verliert nichts an Dramatik. Auch hier waren es Unilever und der WWF, die vor über 20 Jahren das MSC-Zeichen ins Leben riefen. Durch angepasstes Fischereimanagement sollten überfischte Arten, wie Kabeljau oder Scholle, geschont und Fanggründe erhalten bleiben. Für den Bereich der Fischzucht angepasst gibt es seit einigen Jahren zusätzlich das ASC-Zeichen. Es steht für Nachhaltigkeitsstandards in Fütterung und Haltung und ökosoziale Verträglichkeit von Zuchtanlagen. An den riesigen Fangmengen hat sich allerdings bisher nichts geändert und beide Siegel finden sich auf so gut wie allen Fischereiprodukten. Das rief Kritiker auf den Plan, die von Aufweichung, mangelhafter Einhaltung der Rahmenbedingungen und fehlenden Kontrollen der Kriterien sprechen. Möchte man bei Fisch auf Nummer sicher gehen, so greift man am besten zu heimischem Wildfang oder Fisch aus biologisch geführter Zucht. Soll es doch einmal Meeresfisch sein, gibt es im Biofachhandel Produkte, die nachweislich aus nicht bedrohten Beständen stammen.

Bio alleine ist nicht genug

Aber auch in der Biobranche ist nicht alles Eitelwonne. Denn Bio ist in vielen Fällen schon lange nicht mehr das, was wir uns unter Bio vorstellen. Während die Pioniere der biologischen Landwirtschaft noch eine echte ökologisch ausgerichtete Kreislaufwirtschaft praktizierten, wird das sogenannte Supermarktbio von heute genauso großindustriell hergestellt wie jedes andere konventionelle Massenprodukt auch. Es erfüllt zwar die Mindeststandards und trägt somit das allgemeine Biogütezeichen zu Recht, trotzdem dürfen wir uns nicht darauf verlassen, dass Bioprodukte automatisch immer die bessere Wahl sind. So kann ein spanischer Biozucchini im Winter einem heimischen, konventionellen Kohlgemüse in Sachen Nachhaltigkeit sicher nicht den Rang ablaufen und eine Bio-Fertigpizza auch nicht gesünder sein als eine herkömmliche. Besonders misstrauisch sollte man sein, wenn sich Bioprodukte preislich kaum noch von konventioneller Ware abheben.

Immer wieder zeigt sich auch, dass Bio alleine noch keine Ökobilanz rettet. Denn Ressourcen, Verarbeitung, Verpackung, Transport, Lagerung und Entsorgung können auch bei biologisch erzeugten Produkten einen gewaltigen ökologischen Fußabdruck hinterlassen. So kann es in bestimmten Fällen durchaus Sinn machen, konventionellen Produkten den Vorzug zu geben. Nämlich dann, wenn frische Lebensmittel, wie saisonales Obst und Gemüse, Milchprodukte, Eier oder Fleisch, regional und aus naturnaher Herstellung verfügbar sind.

Immer mehr Betriebe produzieren auch ohne Biozertifizierung in Bioqualität und bieten ihre Produkte inklusive persönlichem Kontakt Ab-Hof oder auf lokalen Märkten an. So gesehen kann man eine frische Rohmilch von Kühen auf der nachbarlichen Weide sicherlich nachhaltiger und nachvollziehbarer einstufen als eine biologische Packerlmilch aus vielen 100 Kilometern Entfernung.

Regional & artgerecht

Aus sehr vielen Gründen wird und kann Regional nie das neue Bio sein. Abgesehen davon, dass sich der Begriff „regional“ per Definition nicht festlegen lässt, ist Regionalität in einer globalen Wirtschaft im großen Rahmen praktisch unmöglich. So können Futter, Zutaten, Verpackungen – und nicht zu vergessen Logistik und Vertrieb – aus einem Tiroler Speck einer regionalen Genussregion ein internationales Produkt machen. Regional bedeutet dann nicht mehr als die Adresse des Firmensitzes.

Ähnlich verhält es sich mit der Gleichsetzung von Tierwohl und „Artgerecht“: Schöne Bilder von Kühen auf der Weide, sich suhlenden Schweinen und wurmpickenden Hühnern auf kleinen, idyllischen Bauernhöfen sollen uns Konsumenten via Greenwashing von den wahren Zuständen ablenken. Denn wer weiß schon, dass auch Freilandhühner in gigantischen Stallbaracken mit bis zu 6.000 Tieren gehalten werden, wobei auf einem Quadratmeter bis zu neun Hühner leben dürfen. Und wenn es zur Schlachtung geht, kennt Tierleid gar keine Grenzen mehr. Trotzdem finden sich auf vielen twierischen Produkten der Begriff „Tierwohl“ und ähnliche Beschreibungen, ohne dass es dafür nachvollziehbare Auflagen und Kontrollen gäbe.

Dass Nutztierhaltung zwangsläufig Tierleid bedeutet, ist mit vielen Praxisbeispielen zu widerlegen. Wie z.B. flexible Hühnerwägen, die den Hühnern artgerechtes Picken und Sandbaden unter freiem Himmel ermöglichen, Kühe und Schweine mit Bewegungsfreiheit und sozialem Gefüge oder der mobile Schlachthof, der zu den Tieren kommt und nicht umgekehrt. Es wäre unser Beitrag als Konsumenten, diese Art von Landwirtschaft zu unterstützen, die neue innovative Wege beschreitet.

Fair drauf, Fair drin?

Kaffee, Kakao, Orangensaft und Bananen sind für uns selbstverständlicher Genuss und kosten trotz arbeitsintensivem Anbau und weitem Transport im Geschäft nur wenige Euro. Derart niedrige Preise sind nur durch die Ausbeutung von Kleinbauern und Plantagenarbeitern möglich. Das Prinzip des fairen Handels bietet hier einen nachhaltigen Lösungsawnsatz, indem wir etwas mehr bezahlen. Den Bauern und Plantagenarbeitern ermöglichen gleichzeitig langfristige Abnahmeverträge, faire Rohstoffpreise und Prämien zum Aufbau von Schulen und Gesundheitsversorgung ein menschenwürdiges Leben.

Als echter Pionier hat sich das internationale Fairtrade Gütezeichen als Garant für faire Handelsbeziehungen etabliert. Nachdem Fairtrade-Produkte immer populärer wurden und anfingen, die Supermärkte zu erobern, steuerten große Herstellernamen mit den ähnlich konzipierten Siegeln Rainforest Alliance und UTZ gegen. Was viele nicht wissen: Im Gegensatz zu Fairtrade verfolgen diese nur Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, aber keinerlei Mindestpreise. Kritiker meinen, dass ohne Mindestpreise trotz allem an der grundlegenden Misere nichts geändert wird.

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