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Das “Aufblühen“ in unserem Leben wird durch viele Faktoren, vor allem aber durch unsere positiven Emotionen beeinflusst (Foto: Denis_Vermenko/iStockphoto.com)
Das “Aufblühen“ in unserem Leben wird durch viele Faktoren, vor allem aber durch unsere positiven Emotionen beeinflusst (Foto: Denis_Vermenko/iStockphoto.com)

Gute Gefühle, besseres Essen

Wir können es in diversen Fachzeitschriften und Ratgebern nachlesen, hören es im Radio und können Beiträge im Fernsehen verfolgen: Wir sind eine Gesellschaft von Übergewichtigen und Fehlernährten. Wir essen zu viel, zu fett und zu ungesund. Unser Fehlverhalten wird unter die Lupe genommen, und jede noch so kleine Regelüberschreitung wird vergrößert, auseinandergenommen und analysiert. Mit dem Ziel, dass damit chronische Krankheiten reduziert und wir zu einer besseren Ernährung, einer Gewichtsreduktion und somit zur Gesundheit motiviert werden. Was im Grunde Sinn macht und gut ist. Doch warum wird immer nur das Negative hervorgehoben?

Wir könnten uns mit den positiven Aspekten in unserer Ernährung beschäftigen, mit dem, was wir schon gelernt haben und erfolgreich umsetzen. Wir könnten viel mehr über Genuss und Wohlbefinden sprechen, über die Freude beim gemeinsamen Kochen und Essen und darüber, wie kreativ Ernährung sein kann. Doch dieser Ansatz und der Fokus auf das Positive findet in der Ernährungswissenschaft und -beratung noch viel zu wenig Beachtung. Mit der Gründung und Verbreitung der Positiven Psychologie in den späten 1990er Jahren wurde eine neue Herangehensweise erforscht, die sich mit ihrem Ansatz auch auf die Ernährung übertragen lässt, und zu einem Umdenken in Richtung „positive Ernährung“ führen kann.

Die positive Psychologie

Die Positive Psychologie beschäftigt sich mit den positiven Aspekten unseres Menschseins. Dazu gehören unter anderem Glück, Optimismus, Vertrauen und Verzeihen. Sie setzt sich mit unseren Charakterstärken, Talenten, positiven Emotionen, unserem Wohlbefinden und unserer Lebenszufriedenheit auseinander. Nicht die Überwindung oder Behandlung von Krankheiten steht im Vordergrund, sondern ein gutes, gelingendes Leben. Die Geschichte der Positiven Psychologie reicht bis zu den Philosophen der Antike zurück. So hat sich schon Aristoteles mit dem Glück-Studium auseinandergesetzt. Der Begriff wurde 1954 erstmals von Abraham Maslow (entwickelte die Bedürfnispyramide) verwendet, doch die Bewegung der Positiven Psychologie entstand erst 1998 mit dem US-Psychologen Martin Seligman. 

• Als Mensch aufblühen. Das Ziel ist, nicht nur das eigene Wohlbefinden, sondern auch das unseres Planeten zu vergrößern. Dieses „Aufblühen“ (engl. flourishing) in unserem Leben wird durch viele Faktoren, vor allem aber durch unsere positiven Emotionen beeinflusst. Wir haben es selbst in der Hand, durch unsere Einstellung, Sichtweise und das Pflegen von liebevollen Beziehungen unsere Lebensqualität – und die der Menschen rundum – zu verbessern. Die Positive Psychologie ist jedoch keine Glücksforschung und sollte auch nicht mit „positivem Denken“ verwechselt werden. Wie können nun die Aspekte der Positiven Psychologie auf die Ernährung übertragen werden? Julia Depa von der Hochschule in Fulda schlägt in einem Beitrag in der „Ernährungsumschau“ die „Broaden-and-Build-Theory“ vor, die hier ausführlicher erklärt werden soll.

Ein emotional stabiles Haus bauen

Wenn wir ein Haus bauen, brauchen wir ein stabiles Fundament, damit wir sicher drinnen wohnen können. Ansonsten wird unser Bauwerk mit dem nächsten Unwetter weggeschwemmt und wir haben keine Bleibe mehr. Mit diesem Vergleich können wir auch unsere Welt der Emotionen betrachten. Wenn wir ein Reservoir an vielen positiven Emotionen haben (z. B. Freude, Inspiration, Gelassenheit, Hoffnung, Neugierde, Vergnügen, Liebe, Entspannung) und diese immer wieder erleben, sind wir in der Lage, in unserem Alltag mehr Reize wahrzunehmen und zu verarbeiten. Dadurch bilden sich in unserem Gehirn zusätzliche neuronale Verknüpfungen. Damit haben wir ein stabiles, sicheres Fundament für unser Wohlbefinden geschaffen.

Natürlich gehören auch negative Emotionen zum Leben. Es ist wichtig, auch diese wahrzunehmen und nicht zu verdrängen. Doch wenn wir den Fokus nur auf unsere negativen Emotionen (z. B. Angst) richten, engen wir unser Denken und unsere Aufmerksamkeit ein. Wenn wir die Analogie des Hauses nehmen, können wir nun auf das stabile Fundament weitere Stockwerke bauen. Diese stehen für neue Lösungen, Denkansätze und Möglichkeiten, die wir ansonsten (ohne unser Reservoir an positiven Emotionen) nicht hätten. Das wiederum führt zu mehr Wohlbefinden, und unser Blick auf die Welt verändert sich.

Diese „Broaden-and-Build-Theory“ wurde von Prof. Barbara Fredrickson entwickelt und erforscht und spielt eine zentrale Rolle in der Positiven Psychologie. Wobei das Erweitern der positiven Emotionen für „broaden“ (engl. erweitern) steht und der Aufbau von langfristigen Ressourcen als „build“ (engl. bauen) bezeichnet wird.

Auf „Positive Ernährung“ umgelegt bedeutet das: Wenn wir z. B. unseren Körper nicht als selbstverständlich ansehen, sondern erkennen, wie wunderbar er ist, Tag und Nacht arbeitet und uns in allem unterstützt, werden wir Dankbarkeit und Wertschätzung empfinden. Diese positiven Emotionen führen dazu, dass wir aus der Freude heraus noch besser für ihn sorgen möchten, wir gesünder essen und Lebensmittel mit guter Qualität zu uns nehmen. Wir wollen unseren Körper unterstützen, damit wir uns weiter wohlfühlen. Das wäre der „broaden“-Teil der Theorie. Auf der Suche nach neuen Koch-Möglichkeiten buchen wir einen Kochkurs für regionale Küche und lernen dabei nicht nur neue Gerichte kennen, sondern freunden uns auch mit anderen Teilnehmern an. Wir verabreden uns miteinander und haben viel Spaß und eine gute Zeit. Durch die vermehrten sozialen Kontakte wächst unsere Lebensfreude und wir sind neugierig darauf, was wir noch alles ausprobieren könnten. Wir erkennen die Möglichkeiten, unser Leben noch lebenswerter zu gestalten. Dies entspricht dem „built“-Teil der Theorie.

Genuss, Freude, Beziehungen

Das Gesundheitsverhalten wird also über positive Emotionen gefördert. Es fühlt sich viel besser an, wenn gesunde Ernährung Spaß macht. Bei dieser Herangehensweise verzichten wir z. B. auf Industriezucker – nicht weil wir Angst haben, an Diabetes zu erkranken, sondern weil wir uns damit wohler fühlen. Wir kochen wohlschmeckende Speisen für unsere Liebsten, weil uns unsere Beziehungen wichtig sind und wir gemeinsam auf die Gesundheit achten. Wir genießen das Essen und das Leben. Und genau dieser Genuss spielt eine wichtige Rolle.

• Sinnlich wahrnehmen. Genuss ist kein Gefühl, sondern eine positive Sinnesempfindung. Jedoch bringt Genuss körperliches und geistiges Wohlbehagen und löst andere positive Gefühle aus. Dazu müssen wir lernen, uns richtig einzulassen auf den Moment und alle unsere Sinne zu aktivieren. Das Essen genussvoll zu zelebrieren ist wunderbar, doch Genuss geht weit darüber hinaus. Genau so können wir einen Sonnenuntergang genießen oder einen gemeinsamen Spaziergang mit der Freundin. Das wiederum bringt uns vermehrt positive Gefühle und wir werden nicht dazu verführt, eine Tafel Schokolade auf einmal zu verputzen. Denn das gute Gefühl, dass die Schokolade produziert, spüren wir maximal 30 Minuten, die Zuversicht und Heiterkeit nach dem Plaudern mit einem lieben Menschen wirkt viel länger nach.

• Achtsam gestalten. Wo Genuss ist, ist auch Achtsamkeit – ein weiterer wichtiger Faktor in der Positiven Ernährung. Wenn wir achtsam sind, nehmen wir ganz bewusst den Moment wahr, ohne ihn zu bewerten. Dieses Wahrnehmen bezieht sich jedoch nicht nur auf die Situation, sondern auch auf alle unsere Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen. Achtsamkeit macht uns stabiler und gesünder, das ist auch wissenschaftlich bewiesen. Wer Achtsamkeit nicht nur bei seiner Ernährung anwendet, sondern auf das gesamte Leben überträgt, wird bewusster und glücklicher sein.

Noch steckt die Forschung in Bezug auf die Positive Psychologie und ihren Einfluss auf die Ernährung in den Kinderschuhen. Doch wir können jetzt schon die Erkenntnisse nutzen, um mehr Genuss, Wohlbefinden, Kreativität und Gemeinschaft in unseren Ernährungsalltag zu bringen.

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