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Als Mahlzeit oder Tee regelmäßig eingenommen, soll die Brennnessel „für Willenskraft, klare Sicht und Geistesgegenwart“ sorgen (Foto: robertprzybysz/iStockphoto.com)
Als Mahlzeit oder Tee regelmäßig eingenommen, soll die Brennnessel „für Willenskraft, klare Sicht und Geistesgegenwart“ sorgen (Foto: robertprzybysz/iStockphoto.com)

Brennnessel: feine Faser, zähe Wurzel

Am häufigsten und bekanntesten ist bei uns die Große Brennnessel (Urtica dioica). Der lateinische Gattungsname bedeutet „die Brennende“ (urere = brennen), der Artname dioica kommt von griechisch „dis-oikia“ und heißt zweihäusig. Die Gattung wurde im Jahr 1753 von Carl von Linné festgelegt und umfasst in Europa etwa 13 Arten. Im deutschen Sprachraum sind davon nur drei heimisch: die Große Brennnessel, die Kleine Brennnessel und die gefährdete Röhricht-Brennnessel. Eine weitere Art, die Pillen-Brennnessel, ist aus dem Mittelmeerraum zugezogen. Für Laien sind die Unterschiede jedoch kaum von Bedeutung: Große und kleine Brennnessel sind sich in ihrer Wirkung ohnehin sehr ähnlich, und die Röhricht-Brennnessel ist nicht relevant, weil sie äußerst selten ist.

Botanisch steht die Brennnessel den Hanfgewächsen nahe. Nessel, Hanf und Flachs (Leinen) waren jahrtausendelang die wichtigsten Faserpflanzen Europas. Magische Kräfte haben die Nesselhemden im Märchen von den sieben Schwänen (oder Raben): Die kleine Schwester muss die Brennnesseln schweigend sammeln, dreschen, zu Stoff verarbeiten und Hemden daraus fertigen, damit ihre sieben Brüder wieder in Menschen zurückverwandelt werden. Als die Frist abläuft, fehlt am letzten Hemd noch ein Ärmel… So behielt der siebte Bruder einen Flügel anstelle eines Armes, in jenen Zeiten ein Symbol für die Verbindung zur Geisterwelt. Denn Schwäne waren „Seelenvögel“, die – ähnlich wie die Störche – den Babys die Seele brachten.

Vom Korb zum Segeltuch

So fein die Faser, so zäh die Wurzel: Aus Brennnesselwurzeln wurden früher knorrige, grobe Körbe geflochten, die stark genug waren, um sie für die Kartoffelernte und sogar als „Steine-Klaubkörbe“ am Acker zu verwenden. Nach dem Ersten Weltkrieg begann man, aus der Großen Brennnessel die Fasernessel zu züchten. Doch bei einem Fasergehalt von anfangs nur zwei bis vier Prozent war die Fasergewinnung unwirtschaftlich. Noch bevor sich die Nesseltuchindustrie etablieren konnte, kam die Baumwolle nach Europa – höchstwahrscheinlich auf Schiffen mit Hanf- oder sogar Nesseltuch-Segeln, denn weder Baumwolle noch Leinen geben so gutes, leichtes Segeltuch ab. Man züchtete also weiter: Mit bis zu 20 Prozent konnte der Fasergehalt bis dato vervielfacht werden.

Stabilisierende Effekte

Die bärenstarken Wurzeln, die zähen Stiele, der beachtliche Mineralstoffgehalt – sie stehen für das Prinzip der Verankerung. Brennnesseln strotzen vor Substanz und Materie, sie enthalten nur wenig Ätherisches und geizen mit Farben. Auch die Blüten sind unscheinbar und kommen ohne die Hilfe von Bestäuberinsekten aus.

Wer den Kopf in den Wolken hat, mit den Gedanken ganz woanders ist, nicht aufpasst, wohin er tritt, wird augenblicklich wieder zurück auf den Boden geholt, wenn er sich an den Nesseln verbrennt. Die Brennnessel, als Mahlzeit oder Tee regelmäßig eingenommen, soll für Willenskraft, klare Sicht und Geistesgegenwart sorgen. Sie stärkt das Selbstbewusstsein und gibt Fokus, um Hirngespinste und Ideen entweder auszumustern oder in die Tat umzusetzen.

Eine Analyse der Inhaltsstoffe passt zu diesen stabilisierenden Effekten: Reichlich Mineralstoffe regen die Niere an, klären dadurch die Körperflüssigkeiten, räumen mit aufgestauten Stoffwechsel-Zwischen-und -endprodukten auf und bringen alle möglichen Stagnationen in Fluss. Auf körperlicher Ebene sind das z. B. Ödeme, die ausgeschwemmt werden, Haarfollikel, die verstopft waren, Gelenke, in denen Harn- und andere Säuren neutralisiert und ausgespült werden, oder ein zu hoher Blutdruck, der durch Reinigungsprozesse herunterreguliert wird. All das und noch viel mehr kann die Brennnessel. Nur bei Herz- und Nieren-Schwäche darf sie nicht kurmäßig eingenommen werden, und – wie erwähnt – bei Histaminintoleranz.

Beachtliche Brennnüsschen

Als wäre all das nicht schon beachtlich genug, können die Früchte der Brennnessel noch mehr. Jedes Körnchen enthält ein Samenkorn, das mit einer Fruchtschicht umhüllt ist und bei Samenreife ausgestreut wird. Man sammelt sie daher, wenn sie schon ihre volle Größe erreicht haben, aber noch grün sind. Mit kaum mehr als einem Millimeter sind sie dann immer noch winzig, was jedoch durch ihre Menge wettgemacht wird.

Solche Nesselnüsschen galten einst als „Stärkungsmittel für alte Männer“. Man kann sich heute kaum mehr vorstellen, dass die Brennnessel in früheren Zeiten für Liebe und Leidenschaft stand und in diesem Sinne auch als Liebesbotin überreicht wurde. Die Inhaltsstoffe der Früchte rechtfertigen allerdings eine solche Symbolik: Zusätzlich zu den Inhaltsstoffen der Brennnesselblätter liefern sie Eiweiß und gute, ungesättigte Fette. (Das Öl, das aus den Samen der Großen Brennnessel oder der Pillen-Brennnessel gepresst wird, ist übrigens im Handel erhältlich.) Hinzu kommen Carotinoide, das Fruchtbarkeits-Vitamin E und Testosteron-ähnliche Pflanzenhormone.

Die Blätter sind zum Zeitpunkt der Nüsschenernte meist schon alt. Und weil alte Brennnesselblätter viel Stickstoff in Form von Nitrat anreichern können, sollten sie dann nicht mehr gesammelt werden. Beim Sammeln hält man sich generell stets an das, was gerade „im Saft“ steht. Für den Rest des Jahres lassen sich sowohl die Blätter als auch die Früchte gut trocknen.

Lesen Sie auch: Mineralstoffe und Nesselgift der Brennnessel

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