Herbstwetter muss nicht automatisch Krankenstand bedeuten. Wer seinen Lebensstil etwas optimiert und das gesündere Verhalten diszipliniert ausübt, ist bestens gegen Bakterien und Viren gewappnet. Der Bonus: Man wird nicht nur seltener krank, man fühlt sich generell fitter, ausgeglichener und widerstandsfähiger.
Die effektivste Kombi
Das Kombipaket für ein starkes Immunsystem setzt sich aus gesunder Ernährung, ausreichend Schlaf und regelmäßiger Bewegung zusammen. Besonders niedrig intensives Ausdauertraining sei dafür gut geeignet, erklärt Robert Fritz, Sportmediziner und Leiter der Sportmedizinischen Leistungsdiagnostik und Präventivmedizin in der Sportordination in Wien. „Lockere Bewegung in einer niedrigen Intensität, das sogenannte Grundlagenausdauertraining, stärkt das Immunsystem. Der Körper weiß, dass er einer gewissen Belastung ausgesetzt ist, die er gut verarbeiten kann, dabei mustert er Zellen aus, die nicht mehr so frisch sind und ersetzt sie durch neue, funktionstüchtige.“ Wichtig ist jedoch, den Körper – und damit das Immunsystem – nicht zu überfordern. „In der Sportmedizin nennen wir das Open Window Effekt“, konkretisiert Dr. Fritz. „Ist das Training sehr intensiv und anstrengend, ist man nachher nämlich Infekt-anfälliger. Dieser Zeithorizont nach einer Trainingsbelastung, in dem man besonders aufpassen sollte, beträgt etwa zwei Stunden.“ Was hilft: Zeitnah nach dem Training dem Körper Kohlenhydrate geben. „Das kann ein Sportriegel, eine Banane oder ein Sportgetränk sein. Die darin enthaltenen Kohlenhydrate sorgen dafür, dass die Immunzellen wieder kräftiger werden und die Gefahr des ,Open Windows‘ geringer ist.“
Je fitter, desto gesünder
Ein weiterer Tipp, um Bewegung als Turbo für die Abwehr einzusetzen: die richtige Kleidung. „Wenn man durch den Sport verschwitzt ist, sollte man achtgeben, dass man nach dem Training durch kühle Luft oder Klimaanlagen nicht friert. Gerade beim Jahreszeitenwechsel kann das schnell passieren, wenn man etwa bei noch warmer herbstlicher Abendsonne mit dem Lauf startet, diesen dann aber nach Sonnenuntergang und merklich kühlerer Temperatur beendet. Deshalb sollte man immer etwas zum Anziehen mitnehmen, z.B. eine dünne winddichte Funktionsjacke.“ Generell gilt, so der Experte: Es gibt kein schlechtes Wetter für Sport. Man muss sich nur richtig anziehen.
Auch Krafttraining hat einen positiven Effekt auf das Immunsystem. „Muskeln setzen unter Training bestimmte Enzyme, die sogenannten Myokine, im Körper frei. Diese haben viele Benefits für die Gesundheit und stärken auch die Resilienz. Je fitter ich also bin, desto resilienter bin ich und desto mehr Abwehrkräfte besitze ich. Und tatsächlich sind Menschen, die ein regelmäßiges Training machen, weniger krank“, motiviert der Mediziner zu mehr Bewegung. Als ungefähre Richtlinie gelten zwei bis drei Einheiten Krafttraining und 150 bis 300 Minuten Ausdauertraining pro Woche.
Abwehrkräfte essen
Auch, was wir essen und trinken, kann die Abwehrkräfte verbessern, denn zahlreiche Stoffe aus der Nahrung wirken auf die Immunabwehr: Vitamine, Mineralstoffe, sekundäre Pflanzenstoffe, aber auch Proteine und Ballaststoffe beeinflussen unser Immunsystem positiv. Lösliche Ballaststoffe, wie Pektin und Inulin, sind eine Art Futter für Bakterien, sie ernähren unsere Darmflora. Und ein gesundes, gut genährtes Mikrobiom ist auch die Voraussetzung für ein perfekt funktionierendes Immunsystem, denn der Darm gilt als wichtigstes Immunorgan. Reichlich wasserlösliche Ballaststoffe stecken bekanntlich in Obst und Gemüse. Wasserunlösliche Ballaststoffe, die etwa in Vollkorn und Hülsenfrüchten enthalten sind, sorgen zudem für einen stabil sauren pH-Wert im Darm.
Proteine wiederum sind der Hauptbaustoff und Energielieferant des Immunsystems. Gute Eiweißquellen sind Fisch, Fleisch, Ei, Topfen, Hülsenfrüchte und Nüsse. Um ausreichend Vitamine und Mineralstoffe zuzuführen, ist jedenfalls eine ausgewogene Ernährung wesentlich. Dazu zählen generell viel frisches Gemüse und Obst – dieses möglichst saisonal, regional und in Bioqualität –, hochwertiges Eiweiß und gesunde Fette. Als echte Superfoods für die Immunabwehr gelten Ingwer, Chia-Samen, Grünkohl, Heidelbeeren, Açaí- Beeren und Haferflocken. Negativ auf das Immunsystem wirken sich dagegen Fast Food, Alkohol, Zucker und verarbeitete Lebensmittel (z. B. Fertiggerichte) aus.
Substituieren oder nicht?
Vitamin C ist ein wichtiger Faktor in der Behandlung von Infekten. Zahlreiche Studien zeigen, dass eine längerfristige tägliche Einnahme zwar nicht die Erkältung verhindert, aber die Erkältungsdauer um etwa zehn Prozent verkürzt. Gute natürliche Vitamin C-Quellen sind roter Paprika, schwarze Johannisbeeren, Sanddorn, Petersilie, viele Kohlsorten, Zitrusfrüchte, Hagebutten oder Gartenkresse. „Beim akuten Infekt können aber auch hohe Dosen von Vitamin C über die Vene zugeführt werden“, weiß die Wiener Allgemeinmedizinern Doris Gapp. Wer Sorge hat, über die Nahrung nicht genug Vitamine und Spurenelemente aufzunehmen, kann wichtige Werte fürs Immunsystem, wie z. B. Eisen, Vitamin D und B12, Zink und Selen checken lassen – und bei Bedarf substituieren. „Die gezielte Zufuhr von Nahrungsergänzungsmitteln ist durchaus sinnvoll, wer diese aber über einen längeren Zeitraum einnehmen möchte, sollte vorab unbedingt die Blutwerte kontrollieren. Denn durch längere Zufuhr kann es zu einer Überdosierung kommen“, erklärt die Ärztin.
Schlaf & Entspannung
Ausreichend Nachtruhe und wenig Stress sind die dritte Säule für eine gute körpereigene Immunabwehr. Dr. Gapp: „Durch Schlafmangel entsteht Stress und dieser kann wiederum das Immunsystem schädigen, ebenso wird die Entstehung von chronischen Entzündungen begünstigt“. Wie viele Stunden der Einzelne braucht, variiert von Mensch zu Mensch und ist auch abhängig vom Lebensalter. So nimmt mit
dem Alter der Schlafbedarf ab. Babys, Kinder und junge Menschen brauchen deutlich mehr Schlaf als erwachsene und ältere Personen. Den persönlichen Schlafbedarf kann man gut im Urlaub herausfinden, wenn keine Termine und damit verbundenes Weckerläuten einen wach macht. Im Schnitt sind acht Stunden Schlaf üblich und gut, etwas mehr oder weniger ist völlig normal.
Last but not least: Stressvermeidung wirkt sich nachweislich gut auf unsere Immunfunktionen aus. Denn eine längere Ausschüttung von Stresshormonen verringert die Bildung wichtiger Immunzellen. Sport ist auch hier ideal. Mediziner Robert Fritz: „Bewegung verbessert die Stimmung, baut Stresshormone ab und man entspannt deutlich leichter, effektiver und schneller“.
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