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Viele Gerichte lassen sich schnell zubereiten (c) Pexels/Sarah Chai

Die richtige Ernährung nach Sebastian Kneipp

Ernährung ist ja eine der fünf Säulen der Kneipp-Philosophie. Wie sieht die Ernährungsrichtlinie nach Sebastian Kneipp aus?

Dr. Regina Webersberger: Das Spannende an der Ernährungslehre von Pfarrer Kneipp ist, dass es eigentlich keine konkreten Vorgaben gibt. Ganz wichtig ist bei ihm das Thema Mäßigung: Man soll es mit keinem Nahrungsmittel übertreiben! Das ist umso beachtlicher, da er ja in einer Zeit des Mangels gelebt hat; das Thema Überfluss ist ja heute sehr viel präsenter als damals. Er war auch der Meinung, dass 3 Mahlzeiten am Tag genug sind. Das Einfache und Praktische ist bei ihm im Mittelpunkt gestanden.

Kneipp war seiner Zeit voraus: Die meisten Ansätze seiner Ernährungslehre konnten in der modernen Medizin ja sogar bestätigt werden. Gibt es auch Ernährungstheorien von ihm, die sich als völlig falsch herausgestellt haben?

Ja, das berühmte Beispiel mit dem Kaffee. Kaffee hat Pfarrer Kneipp sehr verteufelt, er hat ihn für giftig gehalten und in ihm auch die Ursache für verschiedene Krankheiten, etwa Blutarmut bei Frauen, gesehen. Heute weiß man, dass das definitiv nicht stimmt. Man muss dabei aber beachten, dass er aufgrund seiner Beobachtungen zu diesem Schluss gekommen ist und dass der Grundgedanke durchaus nachvollziehbar ist. Er hat gesehen, wie Menschen den Kaffee missbrauchen, um ihre Müdigkeit zu überdecken und somit mehr Energie verbrauchen, als sie eigentlich zur Verfügung hätten. Das ist natürlich auf Dauer nicht gesund – was aber nicht am Kaffee liegt. Der Kaffee ist ja nur das Hilfsmittel, das dabei unterstützt, Raubbau an seinem Körper betreiben zu können. Pfarrer Kneipp hat jedoch nur die Auswirkungen der generellen Überlastung gesehen und dies dem Kaffee angelastet. Er empfahl stattdessen koffeinfreien Getreidekaffee.

Generell unterscheiden sich die Ernährungstipps, die Sebastian Kneipp gegeben hat – ausgewogen ernähren, viel Obst und Gemüse essen, saisonale Lebensmittel verwenden –, nicht besonders von den heute überall nachlesbaren Empfehlungen zur gesunden Ernährung. Gibt es etwas, worin sich seine Lehre gravierend von den heutigen Tipps unterscheidet?

Man darf seine Tipps nicht mehr ganz wörtlich nehmen, da sie doch aus einer anderen Zeit stammen. Die Kraftsuppe, die er besonders empfiehlt, ist beispielsweise eine Brotsuppe, die heute vermutlich keiner mehr kochen würde. Ein Unterschied ist auch die Betrachtung der Lebensmittel selbst. Heute ist man teilweise schon zu genau. Man weiß, welche Vitamine in welchem Gemüse stecken, und man analysiert oft jede einzelne Zutat, um auf jeden Fall nur das zu essen, was „richtig“ ist. Da sollte man generell nicht zu akribisch sein, denn diese Bewertung der Lebensmittel ist bei manchen Menschen schon krankhaft. Bei den Mahlzeiten spielen nicht nur die Zutaten eine Rolle, sondern sie sollen auch bewusst mit Genuss und Entspannung zu sich genommen werden. Das war auch ein Ansatz, den Sebastian Kneipp verfolgte.

Viele Leute klagen darüber, dass sie zu gestresst sind, um gesunde Mahlzeiten in ihren Alltag zu integrieren. Die Lehren von Sebastian Kneipp klingen aber so, als würden sie sich sehr einfach umsetzen lassen?

Ja, schließlich stammen die Ernährungsvorschläge aus dem 19. Jahrhundert. Damals hatte man generell keine Zeit, aufwendig zu kochen. Was geht schneller, als Gemüse zu garen? Und auch Suppen, die Pfarrer Kneipp ja sehr empfiehlt, sind immer schnell und einfach zubereitet und sie lassen sich in den unterschiedlichsten Geschmacksrichtungen mit Kräutern und saisonalem Gemüse kochen. Man muss auch bedenken, dass die Leute damals körperlich viel schwerer gearbeitet haben als viele Leute heutzutage, die sitzende Tätigkeiten ausüben. Da benötigt der Körper generell weniger und kommt mit einer Gemüsesuppe am Abend aus.

Schnelle Küche nach Kneipp: Gemüsesuppe (c) Pixabay

Hatte Pfarrer Kneipp auch konkrete Ernährungstipps bei verschiedenen Krankheiten?

Er war der Meinung, dass kranke Menschen eine besondere Ernährung benötigen. Bei Schwäche und Blutarmut hat er beispielsweise immer seine Kraftsuppe empfohlen, bei der Brot ausgekocht und mit Rindssuppe aufgegossen wird. Diese Kraftsuppe war seine Aufbaukost bei verschiedenen Krankheiten. Übergewichtige, die an Gicht litten, haben von ihm immer den Rat bekommen, weniger zu essen. Generell hat er auch durchaus schon erkannt, dass zu viel Fleisch ebenfalls nicht förderlich für die Gesundheit ist. Er hat auch einmal erwähnt, dass Menschen, die sich von Vegetabilien ernähren, also die Vegetarier, einen Vorteil daraus ziehen. Das hat ihn aber nicht davon abgehalten, selbst Fleisch zu essen und Fleisch auch immer wieder als Aufbaukost für Kranke zu empfehlen.

Wie sah es aus mit saisonaler Ernährung? Gibt es auch in der Kneipp-Ernährungslehre wärmende und kühlende Speisen für Winter und Sommer?

Die Theorie der wärmenden und kühlenden Speisen gehört zum 4-Säfte-Denken der Traditionellen Europäischen Medizin (TEM), die im 19. Jahrhundert aber gerade out war. 100 Jahre zuvor setzte man noch auf diese Lehre; dann entwickelte sich die Medizin aber weiter und Pfarrer Kneipp erwähnte diese Lehren nur ganz am Rande, etwa im Zuge der Blutreinigung, die ja das Herzstück der TEM bildet. Was er aber zumindest für die Jahreszeiten empfiehlt, ist, sich bereits im Sommer auf den Winter vorzubereiten, indem man Obst trocknet oder einkocht, um es haltbarer zu machen. Aus Obst Most zu machen, war für ihn eine Verschwendung – denn gerade im Winter brauchte man ja Nahrungsmittelreserven.

Dr. Regina Webersberger ist Ärztin für Allgemeinmedizin, Kneippärztin und Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Kneippmedizin und TEM. In unserem Gesundheitsmagazin “Kneipp BEWEGT” schreibt sie aktuell regelmäßig über traditionelles Wissen und zeitgemäße Praxis im Rahmen unserer beliebten Kolumne “Kneipp modern”.

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