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Prof. Helga Kromp-Kolb ist emeritierte Universitätsprofessorin für Meteorologie und Klimatologie an der Universität für Bodenkultur (Foto: Mitja_kobal-greenpeace)
Prof. Helga Kromp-Kolb ist emeritierte Universitätsprofessorin für Meteorologie und Klimatologie an der Universität für Bodenkultur (Foto: Mitja_kobal-greenpeace)

„Es fehlt das Bewusstsein für die Dringlichkeit”

KNEIPP: Die erste Weltklimakonferenz gab es 1979. Das ist über 40 Jahre her. Wie ist es erklärbar, dass bis heute so wenig passiert ist? 

Prof. Helga Kromp-Kolb: Das ist ein bisschen so wie mit der Geschichte des Frosches, den man in einen Topf mit kaltem Wasser setzt, das man langsam zum Kochen bringt. Er versucht nicht zu flüchten, weil er die Temperaturveränderung kaum spürt. Würde man ihn hingegen in kochendes Wasser werfen, würde er sofort herausspringen. Man glaubt also immer, ein bisschen geht schon noch und irgendwann ist es zu spät.

Wie sieht es bei uns aus? Wie wichtig ist das Thema Klimawandel in der heimischen Politik?

Bei den Wahlen vor der Ibiza-Affäre 2019 habe ich mit vielen Spitzenpolitikern gesprochen und gebeten, den Klimawandel zu thematisieren. Die Antwort war: Mit Klima gewinnt man keine Wahlen. Dann kam „Fridays for Future“. Das hat für viel Aufsehen gesorgt und ein neues Bewusstsein geschaffen. Und bei den nächsten Wahlen war Klima dann plötzlich ein Top-Thema. Es ist auch ein Riesenschritt, dass es jetzt im Regierungsprogramm steht.

Und dennoch geht nichts weiter… Warum?

Einerseits wird die Umsetzung regierungsintern von einer Partei blockiert, was sehr bedauerlich ist. Andererseits hat Corona für eine Unterbrechung des Drucks von den Wählern gesorgt, etwa dadurch, dass keine großen Demonstrationen mehr stattgefunden haben. Und der Anschluss ist noch nicht wieder geschafft, auch wenn es die „Letzte Generation“ nun mit anderen Mitteln versucht.

Was müsste Österreichs Regierung in punkto Klimapolitik unternehmen?

Das Dringendste wäre das Klimagesetz. Dieses ist nicht nur Fahrplan, sondern zugleich Kontrolle. Nehmen wir an, ich will bei der nächsten Olympiade einen neuen Rekord laufen, dann reicht es nicht, sich nur das Ziel vorzunehmen. Ich brauche einen Trainingsplan, wie ich dem Ziel in welchen Schritten näherkommen kann. Und genau das macht das Klimaschutzgesetz. Wie reduziere ich was, in welchem Ausmaß und wann. Dazu muss ich monitoren, wie sich die Emissionen verändern und Konsequenzen ziehen, wenn es zu langsam geht. Ohne Kontrolle wird man den Effekt nicht erreichen. Und ohne Regeln.

Die Regierung scheint sich aber zu scheuen, „unangenehme“ Maßnahmen durchzusetzen, aus Angst, Wähler zu vergraulen. Berechtigt? 

Nein, das glaube ich nicht. Man hat ja auch bei Corona gesehen, dass die Leute bereit sind, viel in Kauf zu nehmen, wenn man es erklärt. Und die nötigen Maßnahmen für den Klimaschutz wären nicht so einschneidend. Der staatliche Eingriff ist notwendig, damit es eine Verhaltensänderung im Umweltbereich gibt, wie etwa beim Tempolimit.

Corona, Wirtschaftskrise, Russland-Ukraine- Krieg – immer scheint Aktuelles wichtiger zu sein und die Klimapolitik muss warten. Kann man sich das Warten noch leisten?

Nein, denn die Natur ist unsere Lebensgrundlage. Wenn wir diese zerstören, muss man sich über alles andere eigentlich keine Sorgen mehr machen. Aber bei uns kümmert man sich immer um die aktuelle kleine Welle und übersieht völlig, dass sich dahinter eine große aufbaut, die sich dann nicht mehr verhindern lässt. Es fehlt leider das Bewusstsein für die Dringlichkeit und Notwendigkeit.

Gehen wir von der heimischen Klimapolitik zur globalen. Es gibt so viele Länder mit so vielen unterschiedlichen Vorrausetzungen und Einstellungen zur Bewältigung der Klimakrise – wie kann da ein Konsens gefunden werden? 

Beim Klima müssen wir alle gemeinsam was tun. Es ist ein globales Problem, das global zu lösen ist. Dazu gibt es Klimakonferenzen, die leider zunehmend von Lobbyisten der fossilen Energiewirtschaft unterwandert werden. Das zweite Problem ist, dass es schwierig ist, alle in ein Boot zu bekommen. Wir haben zwar das Pariser Klimaabkommen, nur halten sich die meisten nicht an die Vereinbarung. Es wurde eine transparente Berichterstattung beschlossen, damit man sieht, wer sich nicht daranhält. Und das ist der überwiegende Teil der Länder.

Gibt es keine Konsequenzen für ein Nicht-Einhalten?

Das ist schwierig. Diese würden vielleicht bei kleinen und schwachen Ländern durchgesetzt, aber wenn sich China, die USA oder ganz Europa nicht daranhalten, wer soll die Konsequenzen ziehen? Afrika wird nicht in den USA einmarschieren…

Hält sich Österreich an die Vereinbarungen?

Nein, wir zählen innerhalb Europas sogar zu den Schlusslichtern. Wir haben einen ungeheuren Aufholbedarf. Bei uns geht es meist zwei Schritte nach vorne und einen wieder zurück. Siehe die sozialökologische Steuerreform. Damit die CO2-Bepreisung auch nur irgendeinen Sinn macht, müsste sie bei 150 Euro pro Tonne liegen. Vereinbart sind aber nun 30 Euro, und das ist kein wirksamer Preis.

Viele Menschen sind verzweifelt angesichts der laschen Klimapolitik und versuchen deshalb offensiv auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen. Wie ist Ihre Einstellung zu den Klimaaktivisten?

Ziviler Ungehorsam ist Teil unseres demokratischen Repertoires. Wer diese Aktionen kriminalisiert, dem fehlt das Verständnis, wie Demokratie funktioniert.

Lesen Sie auch: Klimawandel: Was ist zu tun?

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