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Zum Weltfrauentag gibt es spannende Dokumentationen (Jeshoot/pexels.com)
Zum Weltfrauentag gibt es spannende Dokumentationen (Jeshoot/pexels.com)

Dokutipp zum Internationalen Frauentag

Es ist wohl das bekannteste „MeToo“-Verbrechen der barocken Kunstwelt. Das Opfer ist die erst 18-jährige Malerin Artemisia Gentileschi. Der Täter: Agostino Tasso, ein bekannter Künstlerkollege von Artemisias Vater. Der Vater zeigt ihn an, Artemisia steht den Prozess trotz entwürdigender Behandlung und Aussage unter Folter durch – und sie gewinnt. „Gewaltsam entjungfert und mehrfach fleischlich erkannt“, so protokollieren römische Gerichtsbedienstete im März 1612.

Der Film „Me Too im Barock – Der Fall Artemisia“ von Sabine Bier und Anne Wigger – im Rahmen des ORF-Schwerpunkts zum Weltfrauentag am Freitag, dem 8. März 2024, um 22.35 Uhr in ORF 2 als deutschsprachige Erstausstrahlung in „Universum History“ zu sehen – zeigt die Mechanismen männlicher Gewalt auf und porträtiert eine beachtliche Künstlerin, die erst von der feministischen Kunstgeschichtsschreibung im 20. Jahrhundert wieder aus der Vergessenheit geholt wurde. 
Um 23.50 Uhr folgt der Zweiteiler „Alice“ über die Journalistin und bekannte Feministin Alice Schwarzer – der Lebensweg der Gründerin der Frauenzeitschrift EMMA war keineswegs vorgezeichnet, wie die ARD/ORF-Produktion mit Nina Gummich in der Hauptrolle zeigt.

Ein spannender, emanzipatorischer Film

1611 wird die junge Malerin Artemisia Gentileschi vom 15 Jahre älteren Freund ihres Vaters, Agostino Tassi, vergewaltigt. Tassi ist als der „Maler der Päpste“ bekannt und berühmt. Zehn Monate danach bringt der Vater vor dem Inquisitionsgericht Rom Klage wegen „Stupro“, „gewaltsamer Entjungferung“, seiner Tochter ein. Sexuelle Gewalt als Tatbestand gibt es damals noch nicht. „Stupro“ ist kein Gewaltverbrechen an der Frau, sondern ein wirtschaftlicher Schaden für den Vater. Wenn sie nicht Jungfrau ist, kann er seine Tochter kaum verheiraten. Entweder liegt sie ihm für ewig auf der Tasche oder er stockt ihre Mitgift auf. Im Fall von Artemisia Gentileschi rechnet der Vater mit einem noch deutlich höheren Schaden. Seine Tochter ist eine unglaublich begabte Malerin. Ein Ausnahmetalent, mit der Aussicht auf eine lukrative Karriere.

Über den Prozess existiert ein umfangreicher Akt im Archiv in Rom. Vergewaltigung kann damals forensisch nicht nachgewiesen werden. Da Tassi die Tat leugnet, muss Artemisia ihre Anschuldigungen nicht nur unter Folter wiederholen, sondern sich auch einer entwürdigenden gynäkologischen Untersuchung durch eine Hebamme unterziehen. Die Folter gilt damals als die einzige Möglichkeit für betroffene Frauen, zu beweisen, dass sie die Wahrheit sagen. Tassi wird schließlich zu fünf Jahren Verbannung aus Rom verurteilt; tatsächlich setzen sich bedeutende Männer aus dem Umkreis des Papstes für seinen Verbleib ein, während Artemisia, die das Stigma der Vergewaltigung trägt, Rom verlassen muss.

Sie geht jedoch nicht gebrochen aus der Tat hervor, sondern entwickelt sich selbstbewusst zu einer der bedeutendsten Barockmaler:innen. Gefördert von den Medici malt sie Kunstwerke wie „Susanna im Bade“. 1612/13 entsteht ihr Meisterwerk „Judith enthauptet Holofernes“, das als Abrechnung der Künstlerin mit dem traumatischen Ereignis und als Rache an den Männern interpretiert wird. Häufig stellt sie Heldinnen der Geschichte als Frauen von ungewöhnlicher Ausstrahlung dar, in Kompositionen voller Dramatik. Viele ihrer Frauengestalten – vor allem, wenn sie sich selbst dabei porträtierte – wirken mutig, entschlossen und tatkräftig. Artemisia stirbt 1654 in Neapel. Danach gerät sie in Vergessenheit. Der feministischen Kunstgeschichtsschreibung im 20. Jahrhundert ist es zu verdanken, dass sie aus der Vergessenheit geholt wurde.

Ein spannender, emanzipatorischer Film über eine starke Frau und bedeutende Malerin der Barockzeit. Der weitgehend unbekannte Fall über die Vergewaltigung von Artemisia, der in der Produktion von Doc.station in Zusammenarbeit mit ZDF und ARTE (ORF-Bearbeitung: Judith Brandner) anhand der Gerichtsakten aufgerollt wird, zeigt deutliche Parallelen mit männlicher Gewalt gegen Frauen heute auf. Gleichzeitig ist der Film, der mit anschaulichem Bildmaterial über Kunstwerke und interessanten Expertinnen aufwartet, auch ein Porträt einer beachtlichen Künstlerin. Ungewöhnlich ist die Filmsprache: Erzählt wird in Reenactments aus der Perspektive von Artemisia.

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