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Die „Unsicht­barkeit“ im Internet enthemmt die Menschen und ist ein Grund dafür, warum manche Äußerungen ins Netz tippen, die sie kaum jemandem ins Gesicht sagen würden (Foto: Rawpixel/iStockphoto.com)
Die „Unsicht­barkeit“ im Internet enthemmt die Menschen und ist ein Grund dafür, warum manche Äußerungen ins Netz tippen, die sie kaum jemandem ins Gesicht sagen würden (Foto: Rawpixel/iStockphoto.com)

Zuerst denken, dann posten

Der Sänger Robbie Williams sitzt auf der Couch in seiner Villa und singt live „Sweet Caroline“ von Neil Diamond in die Kamera seines Smartphones. Tausende Leute sehen auf Facebook zu. Innerhalb weniger Tage schauen sich über 3,5 Millionen Menschen das Kurzvideo an. Unter Williams, in der Facebook-Timeline, ist aber auch ein Foto einer Katze zu sehen, die mit einem Ball spielt – mit ebenfalls tausenden „Likes“. Danach folgt ein Posting, in dem ein User ungefiltert seine Emotion niederschreibt: „Ich hasse alle Frauen! Ihr könnt mich mal!“ …

Social Media Plattformen wie Facebook, Instagram, WhatsApp, Twitter oder Tik Tok haben die Medienlandschaft, die Kommunikation und das soziale Miteinander in den vergangenen Jahren massiv beeinflusst. „Auf sozialen Medien bekommen wir Bestätigung, können unser Bedürfnis nach Austausch und Neugier befriedigen. Außerdem sind diese Plattformen so konstruiert, dass sie uns so oft und so lange wie möglich darauf agieren lassen“, sagt die klinische Psychologin und Medianpädagogin Mag. Sandra Gerö und fügt hinzu: „Das Problem ist, diese Plattformen haben kein ethisches Verständnis wie herkömmliche Medien. Ihnen geht es nur um Kommerz.“ Und das ist bereits eines der Grundprobleme von Social Media.

Unsichtbarkeit enthemmt

Was ist online anders? Debatten entgleisen im Internet oft sehr schnell und enden in regelrechten Shitstorms. Schimpfworte und Beleidigungen scheinen schneller gepostet zu werden als man das bei normalen Diskussionen tun würde. Die Publizistin und Internetexpertin Ingrid Brodnig hat über die Probleme von Social Media diverse Bücher geschrieben. In ihrem Werk „Hass im Netz“ schreibt sie: „Wir diskutieren im Internet größtenteils schriftlich. Dabei fehlt etwas Entscheidendes: der Augenkontakt, die Mimik und Gestik, die Stimme des Gesprächspartners – das physische Gegenüber. Dadurch gehen wesentliche Informationen verloren, ausgerechnet diese nonverbalen Signale fördern nachweislich Empathie.“ Brodnig spricht in dem Zusammenhang von der Unsichtbarkeit im Internet. Diese Unsichtbarkeit würde uns enthemmen und sei ein Grund dafür, warum Menschen Äußerungen ins Netz tippen, die sie kaum jemandem ins Gesicht sagen würden.

Und wie kommt es beim anderen an? „Wenn wir mit jemanden chatten oder eine Nachricht von jemandem lesen, entwickeln wir in unserem Kopf eine Idee vom anderen. Dabei fließt aber meist mehr von der eigenen Persönlichkeit ein als vom Gegenüber. Vor allem dann, wenn wir das Gegenüber gar nicht so gut kennen. Es fehlt bei der schriftlichen Kommunikation einfach ein großes Stück an Information. Das führt zu massiven Missverständnissen bis hin zu Aggressionen“, sagt Expertin Gerö. Der Versuch, mit einem lachenden Smiley das Geschriebene abzufedern, würde dann auch nur bedingt helfen. Die Wahrnehmung von Hassrede und -kommentaren im Internet hat im Vergleich zu den Vorjahren zugenommen. Laut einer Forsa-Studie im Auftrag der Landesanstalt für Medien NRW gab bereits im Jahr 2018 die Mehrheit der Befragten (75 Prozent) an, schon einmal Hasspostings im Internet wahrgenommen zu haben.

Fake News & Like-Sucht

Nicht alle aktuellen Nachrichten und Ereignisse, die im Internet verbreitet werden, entsprechen der Wahrheit. Fake News werden oft unwissend und gut gemeint verbreitet. Aber auch, um bewusst jemand anderen reinzulegen (Schadenfreude). Oftmals werden sogar bewusst falsche Meldungen im Netz verbreitet, um andere zu manipulieren und ihre Meinung in eine bestimmte Richtung zu lenken. Aktuelle Studien belegen zudem die Auswirkungen von regelmäßiger Interaktion mit Social Media: Einer britischen Studie zufolge steht eine verstärkte Nutzung sozialer Medien bei Teenagern im Zusammenhang mit schlechtem Schlaf, einem geringen Selbstwertgefühl, einem schlechten Körperbild und erhöhten Depressionswerten. Ein Grund dafür ist der ständige Vergleich mit den anderen Nutzern.

Jugendliche verfallen zudem besonders häufig der „Like-Sucht“. In einer Lebensphase, in der soziale Kontakte mit Gleichaltrigen eine große Rolle für das Selbstwertgefühl und die Identifikation spielen, verleiten Likes und Freundschaftsanfragen dazu, mehr und mehr Zeit am Bildschirm zu verbringen. Ähnlich wie bei der Spielsucht ist das tatsächliche Hochgefühl, bei dem der Körper Endorphine ausschüttet, nur für den Bruchteil einer Sekunde zu spüren – wenn der Mitteilungsalarm aufblinkt und von möglichen Nachrichten der „Freunde“ kündet oder eine positive Bewertung des eigenen Posts verheißt. „Aber das Gefühl hält nur kurz an und man braucht schnell wieder mehr“, sagt Gerö. Und sobald das Smartphone längere Zeit nicht in Blickweite ist, stellt sich bei vielen bereits das Unwohlsein ein, Wichtiges zu verpassen. Das eigentlich Wichtige außerhalb der Social Media gerät so schnell aus dem Blickfeld.

Was wir tun können

Neben Hass im Netz, Fake News, Like-Sucht und dem ständigen Vergleichen besteht auch die Gefahr von Datenmissbrauch auf Social Media, Mobbing und Rufschädigung. Aber was ist die Lösung für jeden Einzelnen? „Das Problem ist, wir haben nie gelernt, mit einer derartigen Öffentlichkeit umzugehen. Es braucht daher viel mehr Bewusstsein im Umgang mit Social Media. Ich kann nur jedem empfehlen: Hinterfragen Sie viel mehr, was Sie lesen, aber auch was Sie selbst schreiben und in der virtuellen Öffentlichkeit teilen und warum Sie das eigentlich tun“, so die Psychologin Gerö.

Auch die Plattform saferinternet.at fasst zusammen, was jeder gegen Hass im Netz tun kann:

HASSREDE AUFZEIGEN. Benennen Sie in einem eigenen Posting die Hassrede anderer („Das ist rassistisch/sexistisch etc.“). Bleiben Sie aber sachlich.

BEITRÄGE MELDEN. In sozialen Netzwerken können Sie Hassposter, hasserfüllte Inhalte oder Gruppen direkt an das jeweilige Netzwerk melden. Informieren Sie auch im Fall von Websites oder Blogs die Seitenbetreiber.

NUTZER SPERREN. In den meisten Netzwerken kann man einzelne Nutzer blockieren.

ANZEIGEN. Sind die Inhalte eines Hasspostings strafrechtlich relevant (z. B. Rufschädigung, üble Nachrede), können Sie dieses bei jeder Polizeidienststelle zur Anzeige bringen. Sammeln Sie dazu Beweise (z. B. Screenshots, E-Mails, Links, Fotos, Chatprotokolle) und nehmen Sie einen amtlichen Lichtbildausweis mit.

HILFE HOLEN. Wenden Sie sich an Melde- oder Beratungsstellen wie: zara.or.at, 147 Rat auf Draht, counteract.or.at oder beratungsstelleextremismus.at

Lesen Sie weiter: Wie man Fake News erkennt

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