Bei der Nahrungssuche im Bereich wildwachsender Pflanzen ist genaue Beobachtung und Kenntnis notwendig, damit keine giftigen Exemplare in der Küche landen. Für den Wohlgeschmack ist es außerdem ratsam, nur junge Triebspitzen zu sammeln, da die Pflanzen mit zunehmendem Alter sehr intensive, oft bittere Aromen und viel zu viele Faserstoffe entwickeln.
Neophyten, die wandernden Pflanzen
Als Neophyten werden Pflanzen bezeichnet, die nach dem Jahr 1492, dem Jahr der Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus, von Menschen in Gebiete eingeführt wurden, in denen sie nicht heimisch waren. Einige davon sind durch ihre Anpassungsfähigkeit und Widerstandskraft zu invasiven Arten geworden, die von uns Menschen aus Angst vor der Bedrohung der heimischen Flora auf sogenannte Schwarze Listen gesetzt werden. Der Mensch erstellt also eine Einteilung in gute und in böse Pflanzen, die mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln ausgerottet werden dürfen.
Den wahren Ursachen der ungehinderten Ausbreitung gewisser Neophyten, nämlich der industrialisierten Landwirtschaft, Überdüngung, den vielen Verbrachungen und dem globalisierten Handel, wird kaum Aufmerksamkeit geschenkt. Naturlandschaften befinden sich in einem ständigen Wandlungsprozess, den wir für uns nutzen können, ohne immer gleich umgestaltende Eingriffe zu planen. Einige der eingewanderten Arten, die bei uns zur Vernichtung freigegeben sind, werden in Asien sogar als Esspflanzen kultiviert. Die Entdeckung der fremden Arten als Nahrungspotenzial könnte zu einem Abbau der Ängste vor den Migranten und einer Versöhnung im Diskurs um deren Ausrottung beitragen. Hier einige Beispiele von zuhauf sammelbaren Einwanderern:
Knopfkraut („Franzosenkraut“). Kommt aus Südamerika, wo es als Würzkraut in der traditionellen Küche eine große Rolle spielt. Michael Machatschek und Elisabeth Mauthner haben dem „Teufelskraut“ ein ganzes Buch gewidmet (Böhlau Verlag). Sein spezielles Aroma, gepaart mit einer hohen Dichte an Mineralstoffen und dem höchsten Eisengehalt unter den Wildkräutern, machen es zu einem vielseitig einsetzbaren Küchenkraut, das sowohl in Rohkostsalaten als auch zusammen mit gekochtem und gebratenem Gemüse verwendet werden kann.
Japanischer Staudenknöterich. Kommt aus Ostasien und treibt dicke Sprossen aus, die in jungem Zustand wie Spargel geerntet werden können. Geschmacklich erinnern sie aufgrund des hohen Oxalsäuregehalts an Rhabarber und sind daher nicht geeignet für empfindliche Menschen, v. a. mit Arthritis, Gicht oder Nierenproblemen. Alle anderen können sie als fruchtig saures Gemüse wie Spargel kurz anbraten oder auch in süßen Varianten zu Marmelade, Sirup oder Kompott verarbeiten.

Indisches Springkraut. Stammt aus dem Himalaya und gilt als schwach giftig. Die Grünteile werden daher zum Essen nicht verwendet, die schönen lilafarbenen Blüten, die sich Ende Juni zeigen, können roh in kleinen Mengen den Salat bereichern. Das Beste sind die Samen, deren Ernte im September viel Spaß bereiten kann. Bei Berührung schleudern die reifen Fruchtstände die Samen heraus, die man am besten mit einem Papiersackerl einfängt. Sie werden wie Nüsse verwendet, können roh oder angeröstet genossen werden und schmecken herrlich knackig und walnussartig.
Indische Scheinerdbeere. In ihrem Herkunftsland China ist sie ein Heilkraut und wird auch zum Verzehr der Beeren angebaut. Diese sehen unseren Walderdbeeren ähnlich, haben aber nicht deren intensives Aroma. Wartet man einige Zeit nach Rotfärbung der Früchte und erntet sie erst ab August, ohne Erwartung von Erdbeeraroma, so haben sie durchaus Fruchtgeschmack und sind eine feine, farbige Zutat in Wildkräutersalaten.
Kanadische Goldrute. Kam aus Nordamerika zu uns und verbreitet sich invasiv. Die dickeren oberen Triebspitzen können im Mai, solange sie noch elastisch sind, geerntet werden. Sie werden geschält (die Schale schmeckt bitter) und ergeben, wie Spargel zubereitet und mit Kräuterbutter abgerundet, ein feines Gericht. Ganz junge Blätter können roh als Salatzugabe verwendet werden. Die Triebe werden mit zunehmendem Wachstum rasch sehr bitter. Im Spätsommer sind die üppigen gelben Blüten, herb und honigartig, in kleinen Mengen Salatzugabe oder können eingezuckert als Süßspeisendekoration verwendet werden.
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