In der Wissenschaft gehört die Weinrebe (Vitis vinifera) zur Familie der Weinrebengewächse (Vitaceae). Die Familie kommt weltweit vor und umfasst etwa 800 Arten. Der einzige natürlich vorkommende Vertreter in Österreich ist die Wilde Weinrebe in den Auwäldern der Donau und der March. Dazu gibt es bei uns noch einige verwilderte „Amerikanische Arten“ wie z. B. die Nördliche Fuchsrebe (Vitis labrusca). Zur Familie der Weinrebengewächse gehört auch der „Wilde Wein“, der gerne zur Mauerbegrünung eingesetzt wird. Häufig gepflanzt werden dabei der „Veitschii“ mit dreilappigen Blättern (Heimat: Japan) und der Wilde Wein mit seinen 5- bis 7-zählig gefingerten Blättern (Heimat: Nordamerika).
In Europa gab es vor der Eiszeit mehrere Arten aus der Gattung Vitis – überlebt hat die Eiszeit aber nur die Art Vitis vinifera. Während der Hochvereisung waren die Rückzugsorte für die Weinrebe Gebiete in Südeuropa und Westasien. Um 9.500 Jahre vor Christi Geburt begannen die Menschen im Gebiet des Vorderen Orients, im „Fruchtbaren Halbmond“, mit der Domestikation von Wildpflanzen und Wildtieren – so entstanden im Verlauf von mehreren Jahrtausenden aus Wildtieren die Haustiere und aus Wildpflanzen die Kulturpflanzen. Die ersten Wildpflanzen, die in Kultur genommen wurden, waren großfrüchtige Gräser wie die Wildgerste und der Wildweizen. Etwa 9.500 Jahre v. Chr. wurde in diesem Gebiet auch mit dem Anbau der Wilden Weinrebe (Vitis vinifera subsp. sylvestris) begonnen. Damit gehört die Weinrebe
zu den ältesten Kulturpflanzen der Menschheit. Ägypter, Griechen und Römer pflegten bereits den Weinbau, letztere brachten die Weinrebe bei der Ausweitung ihres Reiches in weiterer Folge nach Mittel- und Osteuropa. In Österreich ist Weinbau ab dem 5. Jahrhundert v. Chr. nachgewiesen. Infolge des Anbaus und der Weiterzüchtung in diesen Gebieten entwickelten sich in Europa zahllose neue Sorten der Weinrebe.
Die Reblauskrise
Ein großes Problem für den Weinbau entstand durch das Auftreten der Reblaus. Zwischen 1865 und 1870 entdeckte man in den Weinbaugebieten Österreichs erstmals die Reblaus. Diese aus Nordamerika stammende Blattlaus wurde in den 1860er-Jahren durch Rebstöcke von der Ostküste Amerikas über London zuerst ins südliche Frankreich eingeschleppt, von wo aus sie sich sehr schnell über sämtliche europäische Weinbaugebiete ausbreitete. In der Folge kam es im europäischen Weinbau zu dramatischen Verwüstungen, der sogenannten Reblauskrise. Die europäischen Reben waren gegen die Rebläuse an der Wurzel nicht widerstandsfähig. Erst als Weinanbau-Spezialisten die Idee hatten, durch das Aufpfropfen der europäischen Edel-Rebsorten auf widerstandsfähige Unterlagen die Reblaus zu bekämpfen, konnten die europäischen Edel-Rebsorten gerettet werden. Als reblausresistente Unterlagen werden heute verschiedene amerikanische Wildreben und ihre Hybriden verwendet (z. B. Vitis riparia, Vitis berlandieri, Vitis rupestris, Vitis cinerea oder daraus erzeugte Hybriden).
Beeren, Rispen und Lianen
Die Weinpflanze selbst ist botanisch betrachtet eine Liane. Die Frucht der Weinrebe ist eine Beere mit mehreren Samenkörnchen. Viele Beerenfrüchte bilden gemeinsam einen Fruchtstand, der im Gegensatz zur Bezeichnung „Weintrauben“ botanisch betrachtet keine „Traube“, sondern eine Rispe bildet. Die Beeren können rundlich oder länglich geformt sein. Ihre Farben sind grünlich, gelb, rot, blau oder schwarzblau. Weintrauben enthalten bis zu 25 Prozent Zucker, Wein- und Apfelsäure, Mineralstoffe und Vitamine. Sie werden als Obst gegessen, zu Saft gepresst und vergoren, um Wein, Sekt, Weinbrand und Essig zu erzeugen. Von der Ernte gehen 85 Prozent in die Weinproduktion, zehn Prozent werden als Tafelobst verwendet und fünf Prozent dienen der Rosinen-Herstellung. Getrocknete Weintrauben ergeben Rosinen (weiße Sorten mit Kern), Sultaninen (weiße Sorten ohne Kern) oder Korinthen (blaue, kernlose Sorten). Zibeben hingegen sind auf der Pflanze getrocknete Beeren. Rotwein entsteht übrigens, wenn die Schalen roter Trauben mit dem an sich weißen Saft der Beeren gemeinsam vergoren werden. Weißen Wein kann man auch aus roten Trauben herstellen – allerdings dürfen die Schalen nicht mitvergoren werden.
Begehrtes Genussmittel
Rotwein als Genussmittel ist eines der vielschichtigsten Getränke. Es enthält viele hunderte verschiedene Moleküle. Von besonderer Bedeutung sind die Polyphenole und hier besonders das Resveratrol, das in den Schalen und den Kernen der Trauben vorkommt. Weil die Schalen und die Kerne bei der Weißweinproduktion entfernt werden, ist Weißwein, im Gegensatz zum Rotwein, nahezu frei von Resveratrol. Resveratrol wird immer wieder in Bezug auf die gesundheitsfördernde Wirkung von Weintrauben, Traubensaft und Wein genannt. Dieses Polyphenol kommt auch in vielen anderen Pflanzen vor, wie etwa in Himbeeren, Zwetschken und Erdnüssen. Aus medizinischen Untersuchungen gibt es Hinweise, dass Resveratrol eine schützende Wirkung gegen Herz- und Kreislaufkrankheiten und gegen Autoimmunerkrankungen haben könnte. Es soll auch Entzündungsreaktionen im menschlichen Körper hemmen.
Aus dieser Warte ist also gegen ein „Schlückchen Rotwein in Ehren“ nichts einzuwenden. Allerdings hat eine Untersuchung aus dem Karstgebiet von Slowenien, wo mit dem Teran ein extra Resveratrolreicher Rotwein gekeltert wird, gezeigt, dass bei übermäßigem Weingenuss die Gesundheitswirkung schnell verloren geht und die negativen Auswirkungen des Alkohols überwiegen. Neben seiner Bedeutung als Genussmittel in Form der verschiedenen Weinsorten sowie als beliebtes Obst besitzt der Wein auch eine große kulturgeschichtliche Bedeutung – hier speziell in der christlichen Religion.
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