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Lärm macht krank (c) Pexels/David Garrison

Wenn Lärm krank macht

Stille. Nur das Zwitschern der Vögel und das Plätschern eines Bachs. Kein Verkehrslärm, keine Baustellen, keine klingelnden Handys. So klingt die Entspannung. Die Realität sieht freilich meist anders aus: Sofern wir nicht weitab der Zivilisation in der Natur unterwegs sind, sind wir meist einer permanenten Geräuschkulisse ausgesetzt. Das ist per se aber noch nicht schlecht. Ob wir die Geräusche als störend empfinden und welche Auswirkungen sie auf uns haben, ist subjektiv und nicht immer von der Lautstärke abhängig. So wird laute Musik von manchen Menschen als beschwingend, von anderen als extrem störend empfunden. Ein Motorrad, das mit 60 Dezibel an uns vorbeirast, wird eher als Lärm empfunden als das in etwa gleich laute Rauschen der Wellen am Meer. Das Surren einer Gelse erreicht dagegen nur rund 10 Dezibel und ist also leiser als ein Flüstern, kann Menschen aber dennoch in den Wahnsinn treiben.

Wann ist Lärm besonders lästig?

Dazu kommt, dass auch derselbe Lärm nicht immer als gleich störend empfunden wird. Das hängt z. B. von der Uhrzeit oder der allgemeinen Geräuschkulisse ab. Vor allem zu Zeiten, in denen wir Ruhe suchen, werden Geräuschquellen deutlich stärker wahrgenommen. Ein Beispiel: Das Starten eines Rasenmähers hat um 6 Uhr morgens einen gänzlich anderen Effekt auf unser Gemüt, als wenn er erst am Nachmittag in Betrieb genommen wird. Besonders empfindlich sind wir lauten Geräuschen gegenüber, wenn wir schlafen, uns unterhalten oder uns konzentrieren wollen. Und: Geräusch ist nicht gleich Geräusch. Ein konstanter Lärmpegel wird als weniger belastend wahrgenommen als ein dauernder und unregelmäßiger Wechsel zwischen den Lautstärken. Besonders störend sind plötzlich auftretende laute Geräusche, etwa Bohrmaschinen bei einer Baustelle. Und als Top-Nervensäge wird Verkehrslärm bewertet: Er ist unvorhersehbar, man kann ihm oft nicht entkommen und einige Fahrzeuge, etwa Motorräder, erzeugen Geräusche in einem für das menschliche Ohr sehr unangenehmen Frequenzbereich.

Baulärm wird als besonders unangenehm empfunden (c) Pixabay

Gesundheitliche Auswirkungen

Unerwünschte Geräusche oder auch Lärm können negative Folgen sowohl für den Körper als auch für die Psyche nach sich ziehen. Eine fixe Größe ist dabei die Schwelle von etwa 80 Dezibel: Geräusche, die diesen Schwellenwert überschreiten und damit lauter sind als beispielsweise ein Staubsauger oder ein Haarföhn, führen langfristig zu körperlichen Schäden wie Bluthochdruck, Herz-Kreislauferkrankungen oder Tinnitus. Ab 120 Dezibel, also etwa bei der Lautstärke eines Presslufthammers, kann schon nach kurzer Zeit eine Schädigung des Gehörs eintreten. Doch auch Geräusche, die noch im „unschädlichen“ Bereich sind, können uns beeinträchtigen. Psychologin Cornelia Ehmayer-Rosinak, die sich mit ihrer STADTPsychologie vor allem auf den öffentlichen Raum konzentriert, fasst zusammen: “Studien haben gezeigt, dass dauerhafte Lärmbelastung, insbesondere durch Verkehr, zu erhöhtem Stress führt. Laut WHO birgt Verkehrslärm mit die größten, umweltbedingten Gefahren für die Gesundheit und das Wohlbefinden. Als Folge können Schlafstörungen, Konzentrationsschwächen, Stress, Bluthochdruck oder erhöhtes Herzinfarkt-Risiko eintreten.” Zudem wird durch den hohen lärmbedingten Stresslevel ein Teufelskreis in Gang gesetzt: Durch die ständige Übermüdung bzw. das Gefühl der Überforderung fehlt die Energie für soziale oder sportliche Aktivitäten, die dabei helfen würden, den Stresslevel wieder zu senken.  

Der Wunsch nach Selbstbestimmung

Ein großer Faktor, weshalb Lärm als so belastend wahrgenommen wird, ist die mangelnde Kontrolle. Das beste Beispiel dafür ist wiederum der Verkehr: Hupen, Bremsen oder Beschleunigen können unmöglich vorhergesagt oder beeinflusst werden. Diese ständige Unvorhersehbarkeit lässt den Körper nicht zur Ruhe kommen. Doch auch abseits von dicht befahrenen Straßen kann es zu erhöhter Lärmbelastung kommen: etwa durch laute Nachbarn. Dies weiß auch Cornelia Ehmayer-Rosinak, die sich im Zuge ihrer Arbeit regelmäßig mit dem Thema Nachbarschaftslärm beschäftigt und für ein konfliktfreies Miteinander als Moderatorin tätig ist – vor kurzem Beispielsweise in der Zollergasse in Wien-Neubau. “Gemeindebauten wurden früher oft sehr günstig gebaut und haben entsprechend dünne Wände, bei denen man die Nachbarn gut hören kann. Aber auch Lärm aus der unmittelbaren Umgebung der Wohnung zählt zum Nachbarschaftslärm, etwa wenn sich öffentliche Sitzgelegenheiten direkt unter dem eigenen Fenster befinden”, definiert sie Nachbarschaftslärm. Die gute Nachricht: Im Gegensatz zum Verkehrslärm kann man hier zumindest teilweise gegensteuern und Einfluss auf das Lärmgeschehen nehmen. “Wenn man weiß, wann der Lärm beginnt und endet, ist er weitaus einfacher zu ertragen, als wenn man sich hilflos ausgeliefert fühlt”, so die Stadtpsychologin. Der erste Schritt sollte dabei das Gespräch mit den Nachbarn sein: “Wenn ein Nachbar beispielsweise ein Musikinstrument lernt, können fixe Übungsstunden vereinbart werden. Dann kann man sich darauf einstellen.” Das fällt natürlich leichter, wenn man ein gutes Verhältnis zu den Nachbarn hat. Wie das gelingt, lesen Sie hier.

Pilotprojekt: Ruhe auf der Straße

Andere Faktoren lassen sich nicht so einfach beeinflussen: Hundegebell kann beispielsweise auch durch das beste Freundschaftsverhältnis mit dem Nachbarn nicht auf fixe Uhrzeiten eingeschränkt werden. “Aber auch hier sollte das Gespräch die erste Wahl sein”, rät Ehmayer-Rosinak. Zeigen sich die Hundebesitzer verständnisvoll und bemüht, erträgt man den Lärm bereits besser. In ihrem Projekt wurden vor allem auch die Anrainer rund um nächtliche Lokale befragt. “Es ist zwar gut, dass es inzwischen ein Rauchverbot in Lokalen gibt; dieses hat aber dazu geführt, dass die Raucher nun abends oder in der Nacht vor das Lokal gehen und viele Nichtraucher auch mitgehen. Dadurch verlagert sich das nächtliche Partyleben auf die Straße, wodurch die umliegenden Bewohner in ihrer Nachtruhe gestört werden können.” Mit Türstehern, Streetworkern und vielen Gesprächen konnte im Wiener Bezirk, in dem das Projekt durchgeführt wurde, der Lärm auf der Straße reduziert werden. Durch die Einbeziehung der Anrainer wurde das Gefühl des Kontrollverlusts minimiert und der zwischenzeitlich auftretende Lärm eher toleriert.

Was kann ich selbst tun?

Doch ein solcher Aufwand zur Lärmreduktion ist natürlich nicht die Regel. Oftmals ist Eigeninitiative gefragt – denn der Verkehrslärm vor der Wohnung oder der Schallpegel im Großraumbüro lassen sich nicht einfach reduzieren. “Eine einfache und logische Möglichkeit ist, während der besonders starken Lärmbelastung zu Ohrstöpseln zu greifen”, so Ehmayer-Rosinak. Alternativ können auch Noise-Cancelling-Kopfhörer verwendet werden. In der Wohnung helfen Schallschutzfenster, die den Lärm von draußen deutlich effektiver abschirmen als normale Fenster. Auch schalldämpfende Vorhänge oder Teppiche können einen Teil zu einem ruhigeren Zuhause beitragen. Wer an einem lauten Arbeitsplatz arbeitet und unter der Geräuschkulisse leidet, sollte nicht vor einem Gespräch mit dem Chef zurückschrecken. Mit Trennwänden oder schallabsorbierenden Materialien können auch im Büro einige Dezibel geschluckt werden.

Schnelle und einfache Hilfe bei Lärm: Ohrstöpsel (c) Pixabay

Ruheoasen helfen dabei, den Stresslevel wieder sinken zu lassen. Dafür kann man sich z. B. einen ruhigen, von der Straße abgewandten Rückzugsort in der Wohnung schaffen oder zwischendurch Spaziergänge an ruhigen Orten machen. Eine weitere Möglichkeit ist beispielsweise, durch Änderungen im Tagesablauf die stärksten Lärmbelastungen zu vermeiden. Nicht zuletzt können auch Entspannungs- oder Achtsamkeitsübungen dabei helfen, mit dem Stress besser umzugehen. “Ganz schlecht ist es, schon angespannt auf den Lärm zu warten, also z. B. zu denken: ,Heute ist mein Nachbar bestimmt wieder laut.’ Stattdessen hilft es, sich zu sagen: ,Diese zwei Stunden Lärm halte ich jetzt auch aus und dann wird es wieder ruhig'”, rät Ehmayer-Rosinak.

Dr. Cornelia Ehmayer-Rosinak konzentriert sich als Stadtpsychologin darauf, die Stadt Wien mit all ihren Facetten zu betrachten. Bei ihrem Projekt “Wiener Klang” ging es unter anderem darum, Lärmkulissen im urbanen öffentlichen Raum zu reduzieren bzw. tolerierbarer zu gestalten.

Foto: (c) STADTpsychologie

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