KNEIPP • Was war der Anlass dafür, sich mit dem Thema Freundschaft in Form eines Buches zu beschäftigen?
Birgit Fenderl • Freundschaft ist schon sehr lange ein essenzielles Thema für mich. Freunde sind mir sehr wichtig, da meine Eltern früh verstorben sind und so wurde aus Freunden schnell Familie. Ausschlaggebend fürs Buch war die Pandemie. Denn die Form des sozialen Zusammenlebens, die am meisten gelitten hat unter der Coronazeit – und dazu gibt es Studien – waren die Freundschaften. Die haben sich teilweise verändert, teilweise verlaufen, weil man sich nicht treffen durfte. Manche haben sich über Corona-Maßnahmen zerstritten. Die Freundschaft, die gerade in Krisenzeiten und im Internet-Zeitalter auf die Probe gestellt ist, soll hier gefeiert werden.
Was macht Freundschaft aus?
BF • Für mich hat Freundschaft mit einem geschützten Bereich zu tun, wo man vertrauen, sich anvertrauen kann und in dem man so sein darf, wie man ist. Viele, mit denen ich gesprochen habe, sagen, dass es noch einmal anders als in einer Partnerschaft ist. In der Freundschaft kann man sich möglicherweise etwas mehr gehen lassen. Und ich denke, es ist wahnsinnig wichtig, einen Bereich zu haben, wo man weiß, es wird, wenn man einen Blödsinn sagt, nicht gleich alles auf die Waagschale geworfen.
Sind Freundschaften so etwas wie die Konstante in unserem Leben?
BF • Ja, gerade bei der hohen Scheidungsrate, die wir haben, gilt der Spruch: „Beziehungen kommen und gehen, Freundschaften bleiben“.
Du hast ja außer Frau-Frau und Mann-Mann auch Freundespaare Frau-Mann interviewt. Wie hast du das in den Gesprächen erlebt?
BF • Alle Frau-Mann-Freundschaftspaare haben erzählt, dass sie immer wieder mit Gerüchten konfrontiert waren oder sind: Das muss doch mehr sein. Seid ihr wirklich nur Freunde? Aber warum sollen nicht Freundschaften zwischen Mann und Frau möglich sein? Um sich zu verlieben, da gehören noch einige andere Dinge dazu. Bei den Jungen ist das schon eine größere Selbstverständlichkeit als bei älteren Generationen. Wer es nicht kennt oder selbst schon erfahren hat, kann sich nicht vorstellen, dass es funktioniert.
Sind Frauen- und Männerfreundschaften unterschiedlich?
BF • Das müsste man jetzt auf unterschiedlichen Ebenen ansehen. Ich finde die Aussage der Psychotherapeutin Cristina Budroni sehr treffend: „Frauen tauchen miteinander. Männer schnorcheln miteinander.“
Warum ist es gar nicht so einfach, lebenslange Freundschaften aufrecht zu erhalten?
BF • Es ist wichtig, sich um Freundschaften zu kümmern, sich zu engagieren, etwas zu investieren. Beide müssen sich über die Wertigkeit klar sein. Ich habe einige Freunde im Ausland und da müssen wir darauf achten, dass wir uns sehen. Denn irgendwann verliert man sich sonst. Die Welten entstehen anders, man entwickelt sich.
Der schöne Titel deines Buches lautet „Was uns zusammenhält“. Was ist es, was uns tatsächlich zusammenhält?
BF • Es sind die gemeinsamen Erlebnisse und Geschichten, die uns besonders in langjährigen Freundschaften verbinden, zum Beispiel, wenn wir nach der Schule gemeinsam ins Leben gestartet sind, aber auch gemeinsame Interessen. Meine Freundinnen und ich machen uns gegenseitig auf neue, interessante Bücher oder Theaterstücke aufmerksam. Aber auch eine ähnliche politische und gesellschaftliche Einstellung ist nicht unwesentlich.
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