Besonders jetzt im Winter ist es für viele schwer vorstellbar, dass kalte Kneippanwendungen etwas Positives für die Gesundheit bewirken sollen. Wenn draußen frostige Temperaturen herrschen, dann möchte man sich am liebsten an den Kachelofen lehnen und warmen Tee trinken.
Passende Temperatur
In der Tat ist Kälte eine lebensfeindliche Umgebung, und das wusste Sebastian Kneipp natürlich. Zur Erhaltung unserer Gesundheit müssen alle Gewebe und Organe bei der genau passenden Temperatur gehalten werden, damit sie ihre Funktion optimal erfüllen können. Der Körper ist deshalb mit einem sehr genau eingestellten Regelungssystem ausgestattet, das heizt und kühlt, gerade so, wie wir es im Moment brauchen. Für die Wärmebildung ist in erster Linie der Stoffwechsel verantwortlich und natürlich auch die Muskulatur, wenn wir uns bewegen, arbeiten oder Sport betreiben. Die Bekleidung spielt im Winter auch eine wichtige Rolle, da sie zu große Wärmeverluste nach außen verhindert. Was Pfarrer Kneipp hier mit Naturwärme bezeichnet, würde ich heute als das Zusammenwirken aus einem gesunden Stoffwechsel, einem normalen Blutdruck und einer guten Durchblutung bezeichnen.
Was Kälte betrifft, sind unsere Kompensationsmöglichkeiten limitiert. Kälte dringt schneller und tiefer in den Körper ein als Wärme. Ich erinnere mich noch gut an ein Erlebnis im Kurhaus, als ein Fernsehteam Aufnahmen vom Wassertreten machen wollte. Die erste Aufnahme war nicht gleich die passende, es mussten mehrere verschiedene Sequenzen gefilmt werden und die Vorzeigenden absolvierten Runde um Runde im Wassertretbecken. In den nächsten Tagen wurden dann einige krank, weil zehn Runden Wassertreten ohne effektive Wiedererwärmung einfach zu viel waren. Die Ausgleichsmöglichkeiten waren offensichtlich überfordert. Pfarrer Kneipp warnt uns vor jeder Übertreibung. Richtig dosierte Kaltreize mit ausreichender Wiedererwärmung halten unser Regulationssystem auch im Winter fit und geben uns die Sicherheit, kaltes Wetter gut verkraften zu können.
*Quelle: Das Zitat stammt aus: „So sollt ihr leben“, erschienen 1897, Seite 43.
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