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Auch die Haut trägt eine mikrobielle Grundausstattung – sie besteht aus Bakterien, Pilzen und Viren. (Foto: PeopleImages/iStockphoto.com)
Auch die Haut trägt eine mikrobielle Grundausstattung – sie besteht aus Bakterien, Pilzen und Viren. (Foto: PeopleImages/iStockphoto.com)

Hautsorgen?

Bei der Entstehung der ersten Einzeller spielten Membranen eine bedeutsame Rolle. Drei Merkmale bildeten eine gemeinsame Basis für die Existenz der ersten Lebewesen: Reproduktionsfähigkeit, Stoffwechsel und die Abgrenzung zur Außenwelt durch eine Membran, die sich bis zur Stufe der höheren Tiere zu einem höchst raffiniert funktionierenden Organ entwickelt hat – die Haut.

Die Hauptfunktion der Haut besteht darin, das innere ausgewogene Milieu des Körpers zu bewahren und gegen externe mechanische, chemische und physikalische Einflüsse abzuschirmen sowie vor eindringenden Mikroorganismen oder Austrocknung zu schützen. Außerdem ist die Haut an der Aufrechterhaltung der Körpertemperatur mitbeteiligt. Sie funktioniert als Sinnesorgan für Schmerz-, Druck- und Temperaturreize und sie dient der Energiespeicherung in Form von Fettdepots. Zudem sorgt sie für die Umwandlung von inaktivem ProVitamin D in aktive Spaltprodukte und bildet über eigene Immunzellen die erste Barriere der Immunabwehr. Dass der Hautzustand nicht nur kosmetische Bedeutung hat, zeigt schon die Tatsache, dass Verbrennungen von mehr als 25 Prozent der Körperoberfläche eine akute Lebensgefahr bedeuten.

Spiel mit dem Feuer

„Wenn Patienten mit Hauterkrankungen plötzlich Feuer fangen!“: Solche Schlagzeilen klingen skurril, sie sind jedoch bei verschiedenen Hauterkrankungen, wie Neurodermitis und Psoriasis in Großbritannien tatsächlich schon mehrmals aufgetreten. Der Radiosender BBC recherchierte in diesem Zusammenhang, dass in den vergangenen Jahren mindestens 37 Menschen in Großbritannien ums Leben kamen, weil ihre Kleidung plötzlich Feuer gefangen hatte – in der Regel beim Rauchen. Man entdeckte einen Zusammenhang mit der Anwendung von Hautpflegemitteln. Denn einige darin enthaltenen Fette, darunter Paraffine, sind nämlich brennbar. Dringen diese nach dem Eincremen in die Kleidung ein, können sie als Zündquellen zur tödlichen Gefahr werden. Die britische Aufsichtsbehörde für Arzneimittel und Medizinische Produkte (MHRA) hat aus den gemeldeten Fällen Konsequenzen gezogen und die Hersteller von derartig zusammengesetzten Hautpflegeprodukten aufgefordert, künftig auf der Verpackung auf das „Verbrennungsrisiko“ hinzuweisen. Hatte man früher nur Paraffin-haltige Produkte im Verdacht, gilt der Warnhinweis mittlerweile für alle Produkte. Das Risiko bleibe auch nach dem Waschen der Kleidung bestehen, warnt die MHRA. Verzichten möchte indes weder die Behörde noch sonst jemand auf die Hautpflegeprodukte, schon gar nicht bei chronischen Hauterkrankungen wie Neurodermitis und Schuppenflechte: Studien zufolge lässt sich der Zeitraum bis zum Eintreten eines Krankheitsrezidivs durch eine Basistherapie verlängern.

Gefahr für die Umwelt

Die Gruppe der „nichtsteroidalen Antirheumatika“ gehört zu den am häufigsten eingesetzten Schmerzmitteln (NSAR). Unter ihnen findet sich der Spitzenreiter Diclofenac in Form von Tabletten oder Kapseln und als Mittel zum Auftragen auf die Haut. Vor allem bei Salben und Gel gelangen Rückstände vermehrt in die Kanalisation.

Nun ist schon lange bekannt, dass Diclofenac zu den Arzneistoffen gehört, die ein erwiesenes hohes Potenzial haben, aquatische Organismen zu schädigen. Konkret können bei Fischen Nierenschäden hervorgerufen werden. Zudem findet man die Rückstände auch in der Nahrungskette. In die Kanalisation gelangt der Wirkstoff über die Ausscheidungen der Patienten. Rund 60 Prozent des eingenommenen Wirkstoffs erreichen so das Abwasser, und trotz moderner Klärtechnik ist es bis dato nicht gelungen, diese Rückstände zu entfernen. Bei topischen Formulierungen – also Gel, Creme und Salbe – ist der Anteil, der unverändert ins Abwasser gelangt, noch größer. Laut Ericsson werden nur vier Prozent über die Haut aufgenommen, der Rest wird abgewaschen. Dementsprechend groß ist daher die Umweltbelastung.

Die Arzneimittelkommission der schwedischen Region Gävleborg rät deshalb von der Anwendung von Diclofenac-Gel ab. Der Nutzen sei bescheiden, vor allem aber sei es schädlich für die Umwelt, erklärt der Vorsitzende der Kommission. Seit der Jahrtausendwende sind NSAR in Schweden als Umwelttoxine eingestuft.

Nutzen und Folgen

Hier zeigt sich die Diskrepanz zwischen dem arzneilichen Nutzen und den biologischen Folgen von Medikamenten. Bei Antibiotika ist dieser Zwiespalt schon lange bekannt und führte inzwischen zur kritischen Anwendung. Der Einfluss von Diclofenac auf aquarine Ökosysteme wird vielen Menschen noch neu sein. Was lässt sich tun? Naheliegend wäre ein vernünftiger Umgang mit Diclofenac – sich z. B. also nicht kurz vor der abendlichen Dusche mit einer schmerzstillenden Salbe oder Creme einzureiben. Die ökologischen Vorbehalte gelten übrigens auch für die Schwestersubstanzen, wie z.B. Ibuprofen und Naproxen. Die zweite Maßnahme gilt für alle Arzneimittel. Nicht aufgebrauchte Arzneimittel sollen nie über die WC-Spülung entsorgt werden. Man sollte sie entweder in die Apotheke zurückbringen oder sie zum Hausmüll geben.

Wandelnde Bakterienträger

Die mikrobielle Besiedelung der Schleimhäute im Darm, in den Harnwegen und im weiblichen Urogenitaltrakt ist bekannt. Auch die Haut trägt so eine mikrobielle Grundausstattung. Sie besteht aus Bakterien, Pilzen und Viren, unter denen die Bakterien dominieren. Die meisten Bakterien sind für den Menschen sogar nützlich. Damit relativieren sich übertriebene Hygienemaßnahmen.

Heute gilt: Nicht einzelne Bakterien sollen bekämpft, sondern das Mikrobiom als Ganzes gefördert werden! Kommt es z.B. durch Antibiotika-Behandlung der Haut zu einem Ungleichgewicht können einzelne potenziell krankmachende Bakterien oder Pilze die geänderten Lebensbedingungen nutzen und sich rasant vermehren. Jeder von uns besitzt ein ganz charakteristisches eigenes Mikrobiom. Man kann sogar von einem „mikrobiellen Fingerabdruck“ sprechen. Messungen zeigen, dass das Mikrobiom von Tag zu Tag praktisch unverändert bleibt und über Monate den einzelnen Versuchspersonen zugeordnet werden kann. Waschen mit Seife und Hautdesinfektion verändern die Zusammensetzung des Hautmikrobioms nur vorübergehend.

Mikrobielle Barriere

Schon bisher wusste man über die chemische, physikalische und immunologische Barrierefunktion der Haut Bescheid. Hinzu gekommen ist die Entdeckung der „mikrobiellen Barriere“. Denn entsprechende Umweltreize treffen nicht unmittelbar auf die Haut, sondern auf eine breit zusammengesetzte Mikrobenschicht und interagieren mit ihr zum Vorteil des Wirtes. Überraschend war, dass Bakterien des Mikrobioms in tieferen Hautschichten vorkommen. Man konnte ihre Existenz bis ins Hautfettgewebe verfolgen. Dort sitzen immunologisch reagierende Zellen (Langerhans-Zellen und dentritische Zellen), welche eine Abwehrreaktion einleiten können.

Von der Vorstellung der Haut als einfache mechanische Barriere zur Außenwelt muss man sich daher verabschieden. Vielmehr ist sie ein Organ mit vielfältigen Funktionen, unter denen die immunologischen Interaktionen zwischen Umwelt und den verschiedenen Bestandteilen der Barriere eine zunehmende Bedeutung erhalten haben.

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