Leonardo da Vinci schlief angeblich nur alle vier Stunden und dann für nur jeweils 20 Minuten. Der ehemalige britische Premier Winston Churchill verabsäumte es dagegen nicht, sich sogar während kriegerischer Auseinandersetzungen tagsüber Zeit für ein Nickerchen zu nehmen. Popstar Maria Carey soll auf 15 Stunden Schlaf täglich schwören, während Multimilliardär Bill Gates mit exakt sieben Stunden auskommen dürfte. Über die optimale Schlafdauer scheiden sich die Geister. Als „normal“ betrachten die meisten Schlafforscher ein Schlafbedürfnis von etwa sechs bis acht Stunden. Etwa drei von vier Menschen fallen in diese Kategorie.
Neue Empfehlungen, wieviel Schlaf die größten Vorteile für die Gesundheit bringt, präsentieren Experten der amerikanischen National Sleep Foundation auf Basis einer groß angelegten Studie. Im Gegensatz zur früheren Untersuchungen plädieren die Forscher für keine allgemein gültige Mindestanzahl an Schlafstunden, sondern vorrangig für die Berücksichtigung von Altersgruppen. Ein Kind im Wachstum, so haben sie herausgefunden, benötigt mehr Schlaf als ein Erwachsener. Ältere Menschen werden sensitiver und neigen eher zu Schlafstörungen. Aber auch innerhalb der jeweiligen Altersgruppen gibt es Unterschiede. Manche Menschen brauchen einfach mehr Schlaf als andere.
Einigkeit herrscht darüber, dass jeder Mensch auf ein individuelles Mindestmaß angewiesen ist. Bekommt er zu wenig davon, leidet die Gesundheit, man fühlt sich nicht leistungsfähig und kraftlos. Das gleiche gilt auch für Menschen, die zu viel Zeit im Bett verbringen. Das wirkt sich ungünstig auf den Kreislauf auf, da Bewegung fehlt.
Schlafen Sie gut genug?
Angesichts einer gewissen Vagheit der Forschungsergebnisse fragt man sich als Einzelner, welche Schlafdauer nun persönlich ideal ist. Die individuell optimale Schlafenszeit kann vermutlich keine Studie und keine App für Sie bestimmen. Es ist der eigene Körper, der, wenn man ihn gut beobachtet, die besten Hinweise gibt. Stellen Sie sich folgende Fragen und Sie werden schnell feststellen, ob sie gut und ausreichend schlafen:
• Schlafen Sie regelmäßig und ohne Probleme durch?
• Haben Sie den Tag über genug Energie?
• Fühlen Sie sich manchmal matt und abgeschlagen?
• Fühlen Sie sich oft gestresst und überfordert?
• Kommen Sie morgens nur schwer aus dem Bett?
• Benötigen Sie viel Koffein oder andere Aufputschmittel, um den Tag zu überstehen?
Wenn Sie die ersten beiden Fragen mit Ja und die restlichen mit Nein beantworten, ist ihr Schlafverhalten im grünen Bereich. Bei mehr als zwei Nein wäre es an der Zeit, sich gründlicher damit auseinanderzusetzen.
Nachtruhe hält gesund
Warum wir überhaupt schlafen, ist bis heute nicht genau geklärt. Was man allerdings weiß: Gesunder Schlaf ist lebensnotwendig. Dabei liegen wir nicht nur untätig im Bett, bestimmte Körperfunktionen arbeiten auf Hochtouren:
• Stoffwechsel. Besonders in den ersten Schlafstunden produziert unser Körper Hormone, die wichtig für Wachstum, Wundheilung und Zellregeneration sind. Gleichzeitig sinkt der Spiegel des Stresshormons Cortisol.
• Immunsystem. Während des Schlafes schüttet unser Immunsystem vermehrt Abwehrzellen aus. Das erhöhte Schlafbedürfnis bei Infektionen ist eine sinnvolle Reaktion unseres Körpers.
• Gedächtnis. Insbesondere im „REM-Schlaf“ werden wichtige Informationen gespeichert, unwichtige aussortiert. (Rapid Eye Movement steht für kurze, schnelle Augenbewegungen, die sich in diesem Schlafstadium beobachten lassen. Es ist die Zeit der intensivsten Träume.) Ist die REM-Schlafphase gestört, werden Gedächtnisinhalte schlechter gespeichert.
• Entgiftung. Im Schlaf weiten sich die Zellzwischenräume im Gehirn, wodurch das Nervenwasser besser fließen und Schadstoffe abtransportieren kann.
Risikoreicher Mangel
Rund ein Viertel der Österreicher leidet an Schlafstörungen. „Von einer behandlungswürdigen Schlafstörung spricht man dann, wenn Ein- und Durchschlafstörungen über einen Monat lang mindestens dreimal die Woche bestehen, wenn es zusätzlich zu einer deutlichen Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit tagsüber kommt und der Patient einen entsprechenden Leidensdruck verspürt“, so die Definition von Dr. Michael Saletu, Facharzt für Neurologie und zertifizierter Schlafmediziner. 80 Prozent der Schlafgestörten leiden länger als ein Jahr, 50 Prozent länger als fünf Jahre. Dennoch sprechen nur 35 Prozent über ihre Schlafprobleme mit einem Arzt.
Insgesamt gibt es übrigens mehr als 100 verschiedene Arten von Schlafstörungen. Am häufigsten betroffen sind Frauen und ältere Personen. Schlafstörungen, so Dr. Saletu, sollten keinesfalls unterschätzt werden, vor allem bei anhaltender Dauer. „Schlafgestörte Personen haben vermehrte Probleme, und eine zu kurze Schlafdauer erhöht nachweislich das Risiko für Diabetes und Übergewicht.“ Aber nicht nur das. Statistiken belegen, dass sie wesentlich häufiger zum Arzt gehen und zweimal mehr Krankenhausaufenthalte benötigen als gute Schläfer. Darüber hinaus laborieren sie häufiger an psychischen Problemen wie Angststörungen und Depressionen. Sie leiden unter vermehrter Tagesmüdigkeit und Schläfrigkeit, an Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, zeigen eine verminderte Arbeitsleistung, haben siebenmal häufiger Arbeitsunfälle und zweieinhalbmal mehr Verkehrsunfälle sowie eine deutlich schlechtere Lebensqualität. Viele Gründe also, sich auf dem Weg zum Haus- oder Facharzt zu machen.
Im Schlaflabor
Haben Schlafstörungen chronische Ursachen, lässt sich das durch eine Analyse der unterschiedlichen Schlafstadien sehr gut feststellen, etwa bei einem Aufenthalt im Schlaflabor. Im Rahmen einer „Polysomnografie“ werden hier diverse Faktoren untersucht, wie z. B. das Hirnstrombild (EEG), der Herzrhythmus (EKG), die Muskelspannung (EMG) und die Augenbewegungen (EOG). Die Kombination der vielen Messfaktoren ergibt ein individuelles Schlafprofil, an dem sich bestimmte Muster und Abweichungen vom Normalschlaf ablesen lassen. Außerdem werden Ereignisse wie Atmungsstörungen oder Bewegungen aufgezeichnet.
Für Menschen, die vor der stationären Aufnahme zurückschrecken oder unter Krankenhausbedingungen noch schlechter schlafen, gibt es jetzt auch die Möglichkeit des mobilen Schlaflabors. „Diese Methode hat zwei Vorteile“, weiß Experte Dr. Saletu aus Erfahrung. „Der Patient schläft in seiner gewohnten Umgebung und das Verfahren ist bedeutend kostengünstiger als der stationäre Aufenthalt“. Die Verkabelung des mobilen Schlaflabors wird vom Schlafmediziner durchgeführt, sodass der Patient daheim nur noch wenige einfache Handgriffe erledigen muss. Die Daten der Heimaufzeichnung werden anschließend vom Schlafmediziner ausgewertet. Das mobile Schlaflabor ist nicht für alle Patienten geeignet, dazu gehören beispielsweise jene, die unter Schlafwandeln leiden. Auch Patienten mit komplexen Atemstörungen müssen zur Überwachung stationär aufgenommen werden. Anhand des aufgezeichneten Profils werden dann Diagnose und Therapiemöglichkeiten erstellt.
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